|Crime| “Komm, spiel mit mir”

Es ist Sommer und warm. Wir schreiben das Jahr 1988. Man spricht vom heißesten Sommer seit Jahren auf Neuseeland. Entsprechend treibt es die Menschen ans Wasser. Auch Stephanie mit ihrer Mutter und den drei kleinen Geschwistern tummeln sich an diesem Tag am Lake Wanaka. Wie so oft ist es Stephanie, die auf die Kleinen aufpassen muss, während ihre Mutter sich in der Sonne aalt und flirtet. Als alle aufbrechen und nach Hause fahren wollen, passiert das Unglück: Von der Jüngsten. Gemma. Fehlt jede Spur.

Glaubte man sie anfangs bei Freunden zu finden, wird es schnell zur Gewissheit, dass das kleine Mädchen spurlos verschwunden ist. Während alle eifrig auf der Suche sind und die Gegend abklappern, ist es besonders Stephanie, die sich die Schuld an dem Verschwinden gibt. Es zerfrisst sie regelrecht und dennoch gibt sie nicht die Hoffnung auf. Warum eine Träne vergießen, wenn Gemma noch da draußen ist?

Siebzehn Jahre später.

Stephanie hat Medizin studiert, ist umgezogen und arbeitet als angesehene Psychiaterin im örtlichen Krankenhaus. Eines Tages lernt sie dort die Patientin Beth kennen. Als sich die verschlossene Frau schließlich ihr öffnet, glaubt sie ihren Ohren nicht zu trauen. Von ihr ist ebenfalls die kleine Schwester verwunden. Wie auch bei Gemma, verschwand das Mädchen von jetzt auf gleich. Der Täter wurde nie gefasst und je mehr sie sich in die Sache vertieft, umso mehr Gemeinsamkeiten tauchen auf. Stephanie muss der Sache auf den Grund gehen und stößt dabei nicht nur auf Unverständnis, sondern begibt sich gleichzeitig in große Gefahr.

Dem Leser wird schnell klar gemacht, dass es hier nicht um eine blutige Hetzjagd nach einem Entführer geht. Viel mehr wird auf emotionaler Ebene gehandelt. Die Wut, die sich in der großen Schwester angesammelt. Der Hass, der immer noch in ihr lodert. Und die Trauer, die sie nicht an sich heranlässt und sie von innen zerfrisst.
Nur selten lässt sie ihren Gefühlen freien Lauf und diese Momente schnüren einem den Magen zu. Denn sie machen die Verzweiflung sehr deutlich. Besonders als Stephanie das erste Mal diese zeigt, spürt man, wie bei einem die Tränen aufsteigen.

Entsprechend ist das Buch recht ruhig gehalten.

Wird gleichzeitig aber nie langweilig oder gar langatmig. Neben der Psychiaterin lernt man Beth näher kennen. In einzelnen Passagen kommt ihre Vergangenheit ans Tageslicht. Schnell wird klar, warum sie sich zurückgezogen hat und das liegt definitiv nicht nur am ihrer verschwunden Schwester.
Bei dieser stetigen Suche nach dem Entführer, ist man Stephanie in keinem Schritt voraus. Zwar weiß man andere Eckpunkte aus der Vergangenheit, aber die tragen nicht zu einer früheren  Entdeckung des Täters bei. Eher ist es so schleichendes Gefühl, was sich auch bei den Frauen bemerkbar macht. Aber ob dies nun wahr ist oder nicht, zeigt sich erst kurz vor Schluss.

Noch viel mehr kann man kaum auf den Inhalt eingehen ohne dass man zu viel verraten würde.
Erwähnenswert ist aber noch, dass die Landschaft von Neussesland und speziell dem Lake Wanaka sehr das Fernweh in einem aufkommen lassen. Es macht generell eine Freude das Buch zu lesen, da es wunderbar flüssig geschrieben ist und dank der Datierungen vor den Kapiteln sehr übersichtlich ist. Man weiß genau in welchem Jahr und an welchem Ort man sich befindet. Der dicke rote Faden ist somit unübersehbar.

An der einen oder anderen Stelle hätte man sich etwas mehr Bewegung gewünscht und auch das Ende will nicht so recht passen. Es wirkte nicht ausgereift genug, gerade im Vergleich zum restlichen Buch. Dennoch fühlte man sich gut unterhalten. Man bekommt einen ruhigen Thriller serviert, der einen auf der Gefühlsebene voll in den Bann zieht.
Dem ein oder anderen mag es vielleicht wieder zu ruhig sein, aber ich fand es genau passend. Schließlich ist Stephanie die Hauptfigur, sie ist traumatisiert und kämpft sich mit ihrem neugewonnenen Lebensmut durch Neuseeland um die Wahrheit herauszufinden. Um endlich Frieden schließen zu können. 


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Genre: Thriller / VÖ: Juni 2014 / Verlag: Droemer Knaur* / Serie: Einzelband


2 Kommentare

  1. WortGestalt
    3. Juli 2014
    Antworten

    Hm, bin ja durch "Todesdunkel" gerade ein wenig von Psychiater-Figuren kuriert, aber insgesamt klingt deine Rezension schon so, als müsste ich da mal reinlesen. ^^ Kommt auch wieder auf meine Liste… *kram, notier*

    • TheReal Kaisu
      4. Juli 2014
      Antworten

      Also ich hab schon einige Meinungen gelesen, die das Buch nicht mögen, weil es so ruhig ist. Aber ich finde genau das macht den Charakter der Figur aus. Dauer-Action hätte einfach nicht gepasst!

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