|Thriller| “Die Mutter”

“Solange wird die Liebe dauern, solang ein Mutterherz noch schlägt.” [Albert Träger]

Dieses Zitat trifft ziemlich genau ins Schwarze. Solange “Die Mutter” noch am Leben ist, wird sie ihre Tochter lieben und nicht aufgeben. Egal was sie getan hat. So schnell wird sie diese nicht hassen und aus ihrem Leben streichen. Nein. Sie wird kämpfen und wenn sie dafür ungepflegten, eklig riechenden Männern in ihrem vollgepackten Trucks den Schwanz lutschen muss. Wenn Männer sie von hinten ficken wollen, sollen sie es machen. Ihr ist das gleichgültig. Sie hat nur ein Ziel vor Augen. Ihre Tochter. Oder besser gesagt, den Mörder von ihr. Der ihr kurzes Leben so rasch beendete. Denn noch bevor sie so richtig angefangen hatte aufzublühen, wurde sie ausgelöscht. Umgeknickt. Abgebrochen. Durch ihn. Den Mann mit dem Tattoo “STIRB MUTTER”.

Wenn es Road-Movies gibt, muss es doch auch Road-Books geben. Das wäre zumindest meine Schlussfolgerung. Man kann es auch eine Aneinanderreihung schicksalhafter Ereignisse nennen. Das darf jeder für sich selbst entscheiden. Ich finde beide Bezeichnungen recht passend für diesen brutal direkten Thriller. Wie oben geschrieben, ist die Mutter namens Jane, Joan, Julia, Lucy oder gar Cynthia – sie verwendet viele Identitäten – auf der Suche nach dem Mann, der ihre Tochter ermordet hat.

Der einzige Hinweis, den sie Dank eines Anrufes hat ist, dass der Mann eine recht auffällige Tätowierung trägt. Um diese auch sichten zu können, hat sie die makabere Angewohnheit, die Männer so weit zu verführen (meist recht direkt), sodass diese ihren Oberkörper entblößten und sie diesen auf das bekannte Merkmal überprüfen kann.
Sollten sie diese Besonderheit nicht aufweisen, verschwindet sie rasant aus den Augen des Fahrers. Die nicht selten recht verwirrt drein schauen.

“Die Mutter” ist eine sehr sehr verzweifelte Frau. Das wird einem direkt nach der ersten Begegnung klar. Hier ist jemand niedergeschlagen und gibt seine letzte Würde für die Suche nach einem brutalen Menschen her. Dieser Hass auf ihn, sowie die Gleichgültig bei jeglicher Form von Geschlechtsverkehr, sind genauso spürbar, wie die unendliche Liebe für die tote Tochter. Man versucht sie zu verstehen, kann es aber nicht. Zu tief ist diese Frau schon gerutscht, als dass man ihr Handeln absegnen könnte.

Man fragt sich daher nur die ganze Zeit: Wird sie jemals ihren Frieden finden?
Wird sie erlöst werden, von der inneren Unruhe? Wird sie den Killer finden? Denn nur mit seinem “Fund” hat schließlich alles ein Ende. Hofft man zumindest.

“Sie denken, ich bin verrückt, nicht wahr? Sie glauben, ich hätte das alles nur erfunden?” [S.159]

Alle anderen Personen – die Fahrer, der Trucks und anderen fahrbaren Untersätze – werden nur kurz beleuchtet. Man erfährt genauso viel von ihnen, dass man sich einen guten ersten Eindruck verschaffen kann. Diese Herren (und Damen) haben die Ehre jeden Abschnitt einleiten zu dürfen. Danach begegnen sie der Mutter, die ihnen eine Geschichte auftischt und dabei meist recht nah an der Wahrheit bleibt. Ist diese zufrieden gestellt – oder auch nicht, da sie schließlich weitersuchen muss – endet das literarische Dasein des Charakters und der Leser darf sich einer neuen Figur widmen.

Das Buch ist in drei Teile unterteilt. Allein ihre Titel sprechen für sich: “Der Freeway”, “Die Kreuzung” und “Der Highway” und kündigen die Steigerung an, dass man dem Ziel näher kommt. Wie dieses am Ende ausschaut, wird natürlich nicht verraten. Zwar überrascht die Mutter mich in einem Punkt, aber in dem anderen ist sie vorhersehbar.
Die Struktur des Aufbaus bleibt dabei aber stets gleich. Sie wird lediglich durch den Brief der Mutter unterbrochen. Von dem man Stück für Stück mehr zu lesen bekommt und so immer mehr über die einsame Frau erfährt. Leider wird der Text somit auch recht zäh. Man beginnt zu überfliegen und pickt sich nur die “interessanten” Passagen heraus.

Letztendlich kann man dieses Buch lesen, man muss es aber nicht. Es ist definitiv nichts für zartbesaitete Leserherzen und man sollte die Kategorie “hardcore” recht ernst nehmen. Was diese Frau sich hier selbst zufügt, ist teilweise jenseits von Gut und Böse.
Da sich besonders der Mittelteil zieht, da es immer wieder Schema F ist, und erst gegen Ende wieder überzeugender wird, muss ich dem Buch in der Gesamtnote ein paar Pünktchen abziehen. Vom Figurenaufbau ist das Buch top! Man kann mitfühlen, mitekeln und mitbangen. Nachvollziehen konnte ich es nur bis zu einem gewissen Punkt. Zu groß war mir letztlich die körperliche und seelische Zerstörung, die sich die Mutter antat. Auch wenn sie es wohl nicht anders wollte und nur so ihren Schmerz lindern konnte…


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Genre: Psycho-Thriller / VÖ: Juni 2012 / Verlag: Heyne / Serie: Einzelband


6 Kommentare

  1. Lese Blick
    28. November 2014
    Antworten

    Krass dieses Buch oder?? Die Selbstzerstörung ist wirklich kaum zu ertragen, aber ich konnte mit dem Ende überhaupt nicht leben, Ich hatte einen mega Showdown erwartet :/

    • TheReal Kaisu
      29. November 2014
      Antworten

      Ja, das Ende hat mich auch ein wenig enttäuscht :(
      Man erwartet die ganze Zeit einen Brüller, irgendwas dramatisches und dann das… nun gut, kann man ja vorher nicht wissen :D

  2. Die Leserin
    7. Dezember 2014
    Antworten

    Klingt nach einer harten, charakterbezogenen Story. Also genau das richtige Buch für mich. Muss ich gleich mal weiter nach oben auf meiner Leseliste setzen. Ich muss das lesen! Bald! :-)

    Und bezüglich dem Ende bin ich ja vorgewarnt. Bin einfach zu neugierig, ob es tatsächlich so enttäuschend ausgeht.

    • TheReal Kaisu
      7. Dezember 2014
      Antworten

      Och, ich denke, es wird dir gefallen. Vielleicht soagr noch mehr als mir :)

    • Die Leserin
      1. Januar 2015
      Antworten

      Ha, so kann man sich täuschen! Ich hab das Buch mittlerweile gelesen und: Es schneidet bei mir noch schlechter ab als bei dir. Ich fand es so blödsinnig, stumpfsinnig, sinnlos, unglaubwürdig – wir haben heute zwar erst den 1.1., aber ich denke, das war beim Flop 2015.
      Und dann die Mutter – unglaubwürdig. Ohne Worte.
      Ich bin fassungslos. Wenn es Schundliteratur gibt, dann ist "Die Mutter" meiner Meinung ein sehr gutes Beispiel dafür. Brutalität alleine macht halt keine spannende Geschichte. Und Spannung habe ich sehr vermisst in diesem Altpapier. ;-)

      Liebste Grüße, Iris

    • TheReal Kaisu
      3. Januar 2015
      Antworten

      Ja, habs schon gesehen gehabt XD
      Und ich geb die vollkommen recht: Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass Blut, Schmerz und Erbarmungslosigkeit noch kein gutes Buch ausmachen!

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