“Das Geschrei begann um drei Uhr morgens. Tabitha hatte noch nie ein menschliches Wesen auf eine solche Weise schreien hören.” (Buchbeginn “Eine bittere Wahrhheit”)
Tabitha Hardy ist eine Frau, die in keine typische geschaftliche Schublade passt. Sie lebt allein in Okeham. Vor ein paar Jahren ist sie in ihre alte Heimat zurückgekehrt. Hat sich dort ein Haus gekauft und saniert es nun Stück für Stück, gemeinsam mit einem Handwerker. Sie liebt es im eisigen Meer zu schwimmen. Dort Energie zu tanken. Am Dorfleben nimmt sie kaum aktiv teil. Tabitha bleibt lieber für sich und genießt die Stille. Alles Punkte, die in dem kleinen Dorf auffallen. Da ist es fast kein Wunder, dass alle sie für schuldig befinden, einen Mann ermordet zu haben.
Sie sitzt in Untersuchungshaft. Alles ist ein Fehler, da ist sie sich sicher. Bald ist sie wieder in Freiheit und kann ihr Haus weiter sanieren. Schließlich hat sie niemanden umgebracht. Das ist absurd. Jeglicher Ratschlag ihrer Mithäftlinge schlägt sie in den Wind. Erst als ihre Anwältin die Fakten auf den Tisch legt. Immer und immer wieder. Sie auf die Beweismittel aufmerksam macht und sie bitte auf schuldig plädieren soll, damit sie milder davon kommt. Erst da wird ihr klar: Hier läuft etwas gewaltig schief.
Das Buch “Eine bittere Wahrheit” beginnt direkt im Gefängnis. Der Mord ist bereits geschehen und Tabitha als Täterin (vorerst) überführt, da alle Aspekte am Tatort eindeutig gegen sie sprechen. Sei es der Fundort der Leiche oder die Hintergründe und ihre Beziehung zu dem Opfer. Man glaubt zunächst den Beamten. Zumal Tabitha unter Gedächtnisverlust leidet und sich nicht an den Tathergang erinnern kann. Dann ihr abstruses Verhalten. Es fällt einem wirklich schwer, an ihre Unschuld zu glauben.
Ich konnte Tabitha lange nicht einordnen, fühlte mich in der Schwebe und zeitglich wirkte sie so vertraut. In jedem Funken ihrer Erinnerungen und Worte sucht man Punkte, an denen man ihre Unschuld erkennen kann. Lediglich ihr Wille und ihre Überzeugung sprechen gegen den Mord. Richtige Fakten kommen anfangs zäh ans Tageslicht. Dann kommt ein harter Wendepunkt. Tabitha trifft eine folgenschwere Entscheidung. Das Klima des Buches ändert sich. Statt unterhaltsam dahinzufließen, wird nun knallhart auf den Tisch gehauen.
“Ich brauche einen Raum”, verkündete Tabitha.
“Was?”
“Um an meiner Verteidigung arbeiten zu können, brauche ich einen ruhigen, geschützten Raum, irgendeine Art von Büro, wo ich lesen kann, ohne ständig gestört oder rausgeschmissen zu werden, und wo ich Zugang zu Dokumenten habe.”
Zugegeben, anfangs war ich von der Wende echt angetan. Als ob man einen Unfall beobachtet, weggucken will, aber einfach immer wieder hinstarrt. Ein Eingreifen ist nicht möglich, man wird automatisch auf die Zuschauertribüne verbannt. Dann beginnt die Gerichtsverhandlung. Ich muss dazu sagen, das Buch ist in drei Teile unterteilt. Die letzten beiden bestehen fast ausschließlich aus dem Geschehen vor Gericht. Ich bin kein sonderlich großer Fan von derartigen gerichtlichen Ereignissen in Büchern. Es langweilt mich ab einem gewissen Punkt.
Genau DAS ist hier leider auch passiert. So gerne ich Tabitha beobachtet habe und gemeinsam mit ihr der Wahrheit immer näher kam, umso mehr sträubte sich alles in mir vor den Dialogen vor Gericht. Zwar sind die hier wirklich locker und angenehm geschrieben. Dennoch … es ist das Setting “Gericht” und “Verhandlung”. Wir werden einfach keine Freude. Somit muss ich hier Abstriche im Lesefeeling machen.
Das Duo Nicci French kenne ich bereits seit vielen Jahren. Gerade in meiner Teenagerzeit, haben sie mich sanft an die Crime-Literatur herangeführt und meinen Lesegeschmack geprägt. Zwar haut mich nicht jedes Buch von Hocker, aber dennoch würde ich sie immer wieder empfehlen. Genauso dieses Buch hier. Zwar hat mir der Gerichtspart nicht sonderlich gefallen, umso mehr der Drahtseilakt zur Wahrheit und die Feinheiten, die die Story ausmachen. Daher ein Daumen hoch und eine Empfehlung für alle, die Lust auf einen unterhaltsame Crime, mit einer starken Frau haben.
| Wer Lust auf mehr von Nicci French hat, sollte in die die Reihe um Frieda Klein reinschnuppern. Hier meine Meinung zum Abschlussband*
Huhu (=
Klingt gar nicht schlecht und ich lese auch gerne Gerichtsszenen, womit es also bei mir passt. Und das es direkt im Gefängnis beginnt, finde ich auch interessant, ich glaube ich behalte den Titel mal im Hinterkopf.
Muckelige Grüße!
Na dann, sollte das Buch auf jeden Fall was für dich sein :D
Ich mag solche Abschnitte nur in geringen Dosen. Ansonsten wird es fad für mich :/