von Bram Dehouck
Gelesen & unter die Lupe genommen: “Weißer Rabe”.
Worum geht es?
“An dem Tag, als Nick Farkas in Stefanie Baertsoens Leben trat. wirkte der Bunker noch bedrohlicher als sonst.” (Buchbeginn)
Der Bunker ist nichts anderes als ein modernes Architekturbüro, der optisch wie ein glatter grauer Klotz wirkt. Wie sagt das Sprichwort so schön: Die inneren Werte zählen!
Das Büro ist recht erfolgreich. Dennoch – wie fast überall – es ist immer noch Luft nach oben. Genau diese Luft nach oben soll nun der neue Mitarbeiter Nick ausschöpfen.
Der Gärtner wars!
In diesem Fall wohl eher der weiße Rabe!
Nur was ist ein weißer Rabe? Dieser hat verschiedene Bedeutungen. In positiver und negativer Hinsicht. Hier ist Nick erst einmal ein positiver Rabe. Er bringt neues Leben in die Bude, was nicht zwingend an seinem Wissen liegt, sondern der Methodik uns Analyse bestehender Normen.
Nick fächert also frischen Wind rein.
Er möchte, dass das Unternehmen in vielerlei Hinsicht sich verändert und mehr Gewinn einbringt. Das heißt automatisch, dass Veränderungen nötig sind.
Why not?
Wir kennen es alle (?), da kommt wer Neues in den Betrieb, bringt neue Ideen mit und hat andere Lösungsvorschläge zur Hand, die einem selbst irgendwie nie gekommen sind. Manchmal kann so etwas umgesetzt werden, manchmal eben auch nicht.
Nick. Nun ja. Nick setzt seine Ideen einfach durch. Koste es was es wolle. Mit List und Tücke, erschleicht er sich die Gunst von seinen Mitmenschen und nutzt das radikal aus.
Stefanie geht nicht in seine Fliegenfalle. Steht damit jedoch allein da. Und genau DAS führt zu einigen Konflikten und einem Mord.
Die alte Leier oder etwas neues?
Genau diese Frage ist der besondere Clou am Buch. Es ist recht früh ein Verdächtiger da. Er trägt förmlich eine Alarmleuchte auf dem Kopf und schreit fröhlich: “Ich war es!”.
Trotzdem schwebt da eine Frage im Raum, die lange (unbestätigt) im Raum bleibt.
Zudem ist das Buch aus verschiedenen Perpektiven geschrieben. Keine Ich-Perspektive.
Im ersten Teil kommt Stefanies Part dran.
Nick tritt quasi in ihr Leben und bringt einige Änderungen mit sich. Ihr ruhiger Alltag bekommt den besonderen Pepp, auf den sie absolut verzichten könnte.
Ich konnte so verdammt oft ihre Gefühle nachvollziehen!
Im zweiten Part darf eine Kommissarin ihre Version berichten.
Sie betrachtet den Fall von außen und versucht die Puzzleteile zusammenzufügen. Die Ermittlungen sind aktiv im Gang und dennoch bleibt der Autor hier nicht komplett auf der beruflichen Ebene, sondern gibt der Beamtin ein Gesicht, in dem wir an ihrem Leben teilhaben dürfen. Was mir wirklich gut gefallen hat, so bleiben selbst die Gerichtsszenen nicht staubtrocken.
Der dritte Teil gehört einer Person, die für die logische Auschlüsselung sorgt.
Dabei möchte ich noch einmal erwähnen: Selbst wenn der Täter schnell herausgefunden wird beim Lesen, gibt es ein paar offene Fragen und letztlich müssen die Ermittelnden ebenfalls auf das Ergebnis kommen und genau DAS ist gar nicht so einfach.
Der weiße Rabe ist schließlich vom Fach. Ein Meister der Täuschung und Manipulation.
“Der Holzfußboden knarrte unter ihren Füßen. Fischgrätenparkett. Sie ließ den Blick über den großen Flachbildfernseher wandern; das Chesterfield-Sofa war leer. An der Wand hing ein mordernes Gemälde, ein Wirrwarr aus Punkten und Strichen.
>Polizei!<, sagte sie erneut und ging ins Zimmer hienin. Dann sah sie die Füße.”
Zitat, S. 137 aus “Weißer Rabe”
In den Leseflow bin ich hier wahnsinnig schnell hineingekommen. Zwar ist das Buch nicht sonderlich lang – knapp 300 Seiten – und dennoch hatte ich das Gefühl richtig tief in den Fall eingetaucht zu sein. Ein gutes Beispiel dafür, dass selbst mit wenigen Worten eine komplexe Story geschaffen werden kann.
Bram Dehouck hat einen angenehmen Schreibstil, der mir gut gefallen hat. Seine Art die verschiedenen Charaktere zu erschaffen und ihnen Tiefe zu geben, hat viel zum Gefallen beigetragen.
Zwar habe ich mich bei der Beamtin manchmal gefragt, was für seltsame Sorgen sie hat, aber letztlich ist sie ebenfalls ein Mensch mit simplen Gedankengängen, die eben zeitweise die eigne Kleidung betreffen.
Fazit
“Weißer Rabe” hat mich positiv zurück gelassen. Das Buch erfindet das Rad nicht komplett neu, daher kann ich mir gut vorstellen, dass nicht alle hier ein Leseerlebnis haben. Für mich war es ein feiner Krimi, der mich für einige Stunden gut unterhalten hat.
Besonders der Aufbau hat mir gefallen, daher werde ich mir noch ander Bücher von dem Autor näher anschauen.
Einen Lesetipp möchte ich daher aussprechen. Das Büchlein hat ein besonderes Flair, ruft zahlreiche Emotionen hervor (in Bezug auf die Charaktere) und hat fast nebenbei noch einen Kriminalfall zu lösen, der durchaus in der Realität (auch noch Mord) geschehen sein könnte.
Offtopic: Endlich mal ein Beispiel, wo ich wohl im dänischen keinen Coverkauf gemacht hätte, im deutschen jedoch schon. Das Original hat so ein Jesusflair *hüst*.
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