von Sarah Goodwin
„Am Abend vor Silvester musste ich länger arbeiten, was aber nicht so schlimm war.“ (Buchbeginn)
Hannah, Libby, Maggie und Harry. Ein kleiner Freundeskreis, der sich seit Jahren kennt. Die vier haben viel gemeinsame Zeit verbracht. Sie teilen zahlreiche Erlebnisse. Freud und Leid gehen Hand in Hand. Ein Bund, den niemand zerbrechen kann.
Außer das Leben.
Libby lädt alle zu ihrer jährlichen Silvesterparty ein. Das mag im ersten Moment nicht sonderlich aufregend klingen, dennoch ist es das. Libby ist wohlhabend. Äußerst wohlhabend. Die Feierlichkeiten finden dieses Mal auf einer Yacht an der italienischen Riviera statt.
Sie zeigt was sie hat und ist Stolz darauf.
Was keine Schande ist. Hannah hingegen ist das komplette soziale Gegenteil. Mit Ach und Krach schaufelt sie sich den Tag frei. Düst in ihrem kleinen Auto durch die Nacht, um pünktlich anzukommen. Sie hat sich extra ein schickes Kleid besorgt und fiebert dem Ereignis entgegen.
Entsprechend verwirrt ist sie, als sie den kleinen geladenen Kreis sieht. Platzt die Silvesterfeier sonst aus allen Nähten, bleibt es dieses Jahr bei den vier Freunden und zwei Ehemännern.
Das schreit nach Stress.
Was auf den ersten Blick wie eine cosy friendship erscheint, entpuppt sich rasch zu einer Farce.
Libby und Mags haben es geschafft. Leben mit ihren Männern ein gutsituiertes Leben. Und schauen auf Menschen, wie Hannah herab.
Ein Aspekt, der ihr bei dieser kleinen intimen Feier förmlich auf dem Silbertablett serviert wird. Aber Freundschaft ist doch standhaft! Das kann kein Geld, keine Beziehung, jemals ändern. Oder doch?
„Ich wollte runter von diesem Boot und raus aus dem Dunstkreis ihres Lebens, für immer. Ich hatte es satt, die abgebrannte Freundin von jemandem zu sein.“ (S.71)
Die Geschichte wird aus der Sicht von Hannah erzählt. Aus der Ich-Perspektive leitet sie uns in dieses Abenteuer hinein, was rasch zu einem Albtraum wird.
Nicht nur, dass sie auf persönlicher Ebene angegriffen wird, ein schneller Abgang am kommenden Morgen ist förmlich unmöglich, da die Yacht im offenen Meer schwimmt.
Zurückschwimmen ist keine Option, zu weit ist die Küste weg. Also einfach Motor an und zurück ans Ufer. Blöd nur, dass auch das keine Lösung ist. Der Motor startet nicht.
Hannah will einen Notruf absetzen. Selbst Harry ist inzwischen wach und beteiligt sich an ihrer Rettungsaktion. Blöd nur, wenn dieser Rettungsanker ebenfalls nicht greift. Apropos Anker! Ach, damit fangen wir gar nicht erst an… Kurz: Geiz ist geil, war hier eine äußerst dumme Option.
So wird eine exklusive Silvesterperty, ziemlich schnell zu einem reinen Überlebenskampf.
„Ich war so erschöpft und ausgelaugt von dem Schock, auf See zu treiben und mit diesen Leuten klarzukommen.“ (S.153)
Manchmal brauche ich ein Buch, was ich in einem Rutsch weglesen kann. Wie Popcornkino. Einfach in einen Film gehen, sich mitreißen lassen, genüßlich das Popcorn mampfen, die Limo schlürfen und zufrieden den Saal verlassen. Genau dieses Feeling hatte ich hier.
Was harmlos anfängt, wird bald zu einem Abenteuer mit so vielen Facetten, dass ich phasenweise nur mit großen Augen und hochgezogener Augenbraue zuschauen konnte. Gelegentlich wollte ich die Männer mit Popcorn bewerfen – ach was, einem ganzen Popcorneimer, gefüllt mit Steinen – schmieriges Pack. Hannah einfach rauszerren, in ihr Leben ohne diese „Freunde“. Aber erst einmal mus sie das alles überleben. Gar nicht so einfach. Spannung kommt jedenfalls nicht zu kurz.
Schlussgedanken.
Der Roman „Die Yacht“ landete durch einige Empfehlungen in meiner Tasche. Denn auf den ersten Blick hätte ich das Buch wohl nicht eingepackt. Weder Cover noch Klappentext sprachen mich an.
Gut, dass ich hier nicht auf die (kritische) innere Stimme gehört habe.
Wie oben schon angedeutet hat mich die Geschichte wirklich gut unterhalten. Sarah Goodwin spielt wunderbar mit dem Hoffnungsschimmer. Immer wenn eine Lösung in Sicht ist, kommt der nächste Hammer daher. Das zieht sie bis zum bitteren Ende durch.
Zum Schluss möchte ich eigentlich nur Hannah in den Arm nehmen, fest drücken und ihr: „Du bist nicht allein!“ ins Ohr raunen.
Spannende Unterhaltung zum abschalten? Dann einmal lesen bitte!

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VÖ: 03/25 bei Lübbe
Seiten: 398
■ Italien, Ligurische Meer
■ Krimi/Thriller
■ Einzelband
■ weiterer Lesetipp aus der Rubrik: „Niemand wird ihr glauben„
