Es ist Sommer in Kanada. Hannah und ihre Freund Scott treten mit zwei weiteren Freunden eine Kanu- und Trekking-Tour an. Es geht in den Nahanni-Naitionalpark. Ein riesiges Naturschutzgebiet, welches eine Gesamtfläche von über 30.000 km² hat. Entsprechend werden geführte Touren angeboten und für andere gilt das Gebot, sich in den Büchern am Eingang des Parks einzutragen, damit man ihre Existenz nachweisen kann und gegebenenfalls bei Unwetter speziell nach ihnen suchen kann. Die jungen Studenten machen nichts dergleichen. Scott nimmt die Führung selbst in die Hand und so ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis ein Unglück geschieht.
Inspektor Mike Green ist der Vater von Hannah und er ist es auch, der unruhig wird, als sich seine Tochter längere Zeit nicht bei ihm meldet. Sofort kontaktiert er die Natinonalparkbehörden, die seine Sorgen komplett herunterspielen. Es gab kein Unwetter, es gab keine seltsamen Vorkommnisse, die kleine Gruppe würden schon auf sich aufmerksam machen, wenn etwas passiert sein sollte, schließlich patrollieren regelmäßig Flugzeuge das Gebiet um derartige Fälle zu sichten.
Doch Mike ist mit dieser Aussage keineswegs zufrieden und so schnappt er sich seinen Kollegen Sullivan und reist mit ihm zu dem Reservat. Als dann nach einem heftigen Unwetter ein verlassenes, völlig zerstörtes Kanu gefunden wird, beginnen auch die Behörden sich langsam zu bewegen.
Zu Anfang hat man einen stetigen Wechsel zwischen Green und den vier Freunden. Man kennt die Sorgen von Hannahs Vater und weiß zeitlich, dass die Tour der jungen Leute anfangs recht normal abgelaufen ist. Das ist nämlich ein fieser Beigeschmack: Man lernt Hannah, Scott, Dabiel und Pete aus der Vergangenheit kennen. Die Ereignisse sind schon geschehen, als Mike sind endlich auf die Suche macht. Somit ist man völlig im Ungewissen, was mit der Gruppe weiter passiert ist. Man kann sich nur auf Vermutungen, Gegenstände und Spuren stützen. Das sorgt natürlich für ordentliche Spannung.
Parallel zu der eigentlichen Handlung werden dem Leser immer wieder Briefe aus den Jahren 1943 und 1944 vorgelegt.
Eine Frau und ein Mann schreiben Zeilen, in den sie ihren Kummer, ihre Sorgen und auch kleine Freuden mitteilen. Leider hat man zu Beginn sehr starke Schwierigkeiten diese Briefe einordnen zu können. Es ist sehr lange kein Anhaltspunkt erkennbar – bis auf den Zusammenhang zu dem Schutzgebiet – der die Verbindung zu dem Vermisstenfall erklären würde. Als es dann endlich die entscheidenden Szenen gibt, fällt es einem wie Schuppen vor die Augen und alles ergibt einen Sinn.
Die Figuren sind gut ausgebaut und das trotz, dass es ein neunter Band ist, hat man nur selten das Gefühl groß etwas aus den Vorgängern verpasst zu haben. Der Inspektor kommt einen sehr weich vor und neigt zum jammern. Außerdem scheinen ihn seine Ex-Frau und derzeitige Gattin sehr in der Mangel zu haben. Zumindest haben diese beiden Frauen stets die Hosen an, wenn sie miteinander telefonieren und sich über den neusten Stand der Dinge informieren. Ab und an, ist dieses Gekeife am Telefon auch etwas nervig und störte. Irgendwann hat der Leser gerafft, dass nicht alles Friede – Freude – Eierkuchen im privaten Umfeld des Ermittlers ist.
Während die Geschichte voranschreitet, wird dem Leser auch schnell klar, dass bei den Rangers auch nicht alles koscher ist. Es ist etwas im Busch, man fühlt es die ganze Zeit, kann es aber nicht greifen. Störend ist hier auch zunächst, dass man viele Namen genannt bekommt und sie sich einfach nicht behalten kann. Vor allem deren Verbindung untereinander. Nach einer gewissen Zeit bekommt man das durch die stetigen Wiederholungen aber in den Griff und kann sich voll auf die Suchen konzentrieren.
Dabei muss an dieser Stelle auch betont werden, dass Barbara Fradkin es wunderbar versteht, die Umgebung zu beschreiben. Man hat das Gefühl das Plätschern des Baches zu hören, das Rauschen der Wasserfälle, das Gezwischter der Waldvögel, das Knirschen der Steine unten den Füßen, den keuchenden Atem der Wanderer, das Knistern des Lagerfeuers und so weiter. Da möchte man glatt selbst in die Wildnis nach Kanada fliegen.
Schade ist jedoch, dass sie dem Buch im Mittelteil einen bitteren Beigeschmack mitgibt. Hier wird viel Geredet und das nicht über die aktuelle Suche. Nein, um internen Rivalitäten und Theorien, die gesponnen werden. Verbindungen die eventuell mit Scott zusammenhängen oder auch nicht. Alte Geschichten über Bergwerke. Seltsame Geldanlagen und Familienverbindungen. Das Flair der Berge geht in diesem Part völlig verloren auch wenn es sich meist nur wenige Kilometer daneben abspielt. Mir haben diese Ausschnitte nicht gefallen. Zwar ist klar, warum es diesen Abzweig gibt, aber das hätte man schöner verpacken können, sodass es nicht so abgehackt und verworren wirkt.
Alles in allem hat mir “Tote Spur” recht gut gefallen. Wegen der obigen Kritikpunkte gibt es etwas Abzug. Aber da es ansonsten durchweg spannend und flüssig geschrieben ist. Man wie eine Klette an den Lippen des Bergführers hängt, der Mike Green bei seiner Suche hilft, um ja nichts zu verpassen, kann ich das Buch auf jeden Fall empfehlen.
Trotzdem den soften Charakterzügen des Inspektors, werde ich sicher mal in die ersten Bände der Serie hineinschnuppern. Vielleicht lässt er sich ja nicht immer so unterbuttern.
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Genre: Krimi / VÖ: Juni 2014 / Verlag: atb* / Serie: Band 8
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