|Crime| “The Fourth Monkey”

Tag 1, 6.14 Uhr

Da war es schon wieder. Dieses andauernde Ping. Ich habe den Ton doch abgestellt. Warum höre ich dann, wenn Nachrichten kommen? Warum höre ich überhaupt irgendwas?” (Buchbeginn)”

Es fängt so an, wie man es auch zahlreichen Romanen kennt: Der Ermittler wird aus dem Schlaf gerissen und an einen Tatort gerufen. “Das solltest du dir lieber selbst ansehen.” (S.10) Lockende Wort und die Neugier, der Instinkt, des Beamten ist geweckt. Halbwegs wach taucht er dann am Ort des Geschehens auf. Kippt einen Kaffee nach dem nächsten herunter. Er verschafft sich einen Überblick. Nickt, grübelt, bestätigt, hinterfragt, lehnt ab und sieht dann etwas, was noch niemand gesehen hat.

Aber ist die folgende Handlung auch so, wie man sie kennt? Der Mörder namens Four Monkey Killer ist in aller Munde. Er verbreitet Angst und Schrecken. Verschenkt weiße adrette Päckchen, die mit hübschem schwarzen Paketband umwickelt sind und das reine Grauen enthalten. Übergeben von einem Postboten, denkt man sich natürlich nichts dabei. Schneidet das Band ab. Klappt den Karton auf und blickt auf ein Körperteil. Säuberlich drapiert, strahlt einen das Stück von einem geliebten Menschen an.

“Es war schön zu sehen, dass er jetzt seine gerechte Strafe bekam. Man musste Frauen respektieren. und ehren, und das jederzeit. Diese Lektion würde er nun lernen.” (S.148)

Jetzt ist er tot. Überfahren. Zerquetscht von einem Bus. Vor den Augen zahlreicher Fußgänger. In der Hand ein letztes Geschenk. Trotzdem hat niemand etwas gesehen. Wieso hat er sich umgebracht? Oder hat ihn jemand gestoßen? Noch war sein Werk schließlich nicht vollendet. Ein letztes Paket musste überbracht werden. Ein letzter Mensch, sollte seine Robin-Hood-Neigung zu spüren bekommen. Doch der Empfänger ist unwissend. Alle Familienmitglieder sind daheim. Niemanden fehlt ein Körperteil. Sollte dem Killer wirklich mit seinem letzten Atemzug ein Fehler unterlaufen sein?

Man wird hier vor vollendete Tatsachen gestellt. Der Mörder fängt nicht erst frisch an, er ist bereits auf dem Höhepunkt angekommen. Die Ermittlungen laufen seit geraumer Zeit und er flutscht geschickt durch das System, lässt sich nicht schnappen. Nun sorgt er erneut für eine böse Überraschung. Parallel dazu dürfen wir einen Blick in sein Tagebuch werfen. Wir lernen also seine Gedanken kennen. Seine Planungen und alte Erinnerungen. Man will ihn hassen und räumt gleichzeitig einen Funken Respekt für seine “Arbeit” ein.

“Ihre kleinen Panzer würden in der alkoholbefeuerten Raserei knistern und platzen. Gerade noch am Leben, im nächsten Augenblick zu Asche verbrannt. Ich wollte Gott spielen.” (S.267)

Reicht das aus, um den Leser auf gut 500 Seiten zu unterhalten? Schließlich sind die Daten nicht unbekannt. Geschenke von Körperteilen, Robin Hood Attitüden, verkorkste Ermittler-Teams und Tagebucheinträge, dazu ein laufender Fall, wo es um Leben oder Tod geht. Ich selbst habe sehr mit dem Mörder sympathisiert. Seine Arbeit ist in vielen Teilen äußerst makaber und dennoch macht er auf Missstände aufmerksam, die man nicht unter den Tisch kehren sollte. Dazu hat der leitende Ermittler Porter mein Herz mit seiner authentisch wirkenden Art gewonnen.

Das genügt allerdings nicht, um das Buch in den Himmel zu loben. Diverse Klischees werden aufgegriffen, mache Beamte nervten einfach nur und waren nicht komisch. Zudem war die Handlung vorhersehbar. Der Twist war für mich keine Überraschung. Trotzdem waren es die Feinheiten in dem Duell um Porter und den Killer, die mich in das Geschehen haben abtauchen lassen und somit das Buch zu einem kleinen Leseerlebnis machten.

Für eingefleischte Crime-Leser ist es nicht das Thrillerdebüt des Jahres, wie angepriesen. Trotzdem ist das Buch, dank seiner feinen Charakterzeichnung der Hauptcharakter, absolut lesenswert.


Genre: Crime / VÖ: Dezember 2017 / Verlag: blanvalet / Seiten: 538/ Serie: Band 1

weitere Kritiken: Zeit für neue GenreWallis Büchersichten, …

erhältlich bei: hugendubel

20 Kommentare

  1. Sven
    12. Februar 2018
    Antworten

    Das werde ich demnächst auch beginnen. Freue mich schon lange drauf Soll ja auch teilweise heftig sein, aber da ich sowieso nicht zartbesaitet bin, ist genau das richtige Buch für mich … glaube ich zumindest.

    • kaisu
      13. Februar 2018
      Antworten

      Für dich, könnte es durchaus was sein.
      Und so hart ist es nun wirklich nicht. Der Autor trifft genau den richtigen Ton :)

      • Sven
        25. Februar 2018

        Ich habe es gelesen und bin restlos begeistert. Ich fande es jetzt auch nicht zu extrem. Es ist toll erzählt und stimmig von vorn bis hinten. Werde den nächsten Teil auch lesen.

      • kaisu
        25. Februar 2018

        Freut mich zu hören :D

        Nö, extrem ist auf gar keinen Fall! Fand die Chemie zwischen Ermittler und Täter perfekt. das ist auch DER Grund, warum ich es weiterlesen werde :)

      • 18. März 2018

        Jetzt bin ich verwirrt O.O Schade, dass es hier keine GIF’s gibt *lach*

      • kaisu
        20. März 2018

        Und ich bim verwirrt, weil ud verwirrt bist XD

  2. Hätte ich doch auf mein Bauchgefühl gehört, noch ein paar Tage gewartet und dann deine Rezension gelesen … dann hätte ich es wohl nicht bestellt. Denn genau das, was du schreibst, habe ich bei all der Euphorie über das Buch trotzdem befürchtet. Jetzt hoffe ich auf die angesprochenen Feinheiten ;-), da ich es vor ein paar Tagen bestellt habe und nun liegt es hier und wird wohl noch etwas warten müssen.

    Was lerne ich daraus? Höre auf das Bauchgefühl und verlasse dich nicht auf Lobeshymnen. :-) Danke für deine ehrliche Besprechung!

    • Sven
      12. Februar 2018
      Antworten

      Aber dennoch sind die Geschmäcker unterschiedlich. Deshalb finde ich Rezension sehr interessant, auf der anderen Seite lasse ich mich durch sie fast nie beeinflussen.

      • kaisu
        13. Februar 2018

        Ach, ich glaube, dass die Iris ruhig auf ihr Bauchgefühl hätte hören sollen ;)
        Ich war auch neugierig und konnte nicht widerstehen. Hatte das Buch aber auch schon hier liegen BEVOR die ganzen Lobeshymnen folgten. Ab da wurde ich skeptisch und wollte es schon gar nicht mehr lesen :P

        @Iris
        Bin gespannt, was du sagst und ob du ähnlich empfindest!

  3. Gabi
    14. Februar 2018
    Antworten

    Ich finde die Konstellation und Ausgangssituation des Buches schon sehr reizvoll. Und ehrlich gesagt kann ja nicht jeder das Rad neu erfinden und was völlig anderes schreiben als je vorher gelesen. Ich bin auch ziemlich großzügig, was die Verwendeung von Klischees angeht.
    Es kommt eben immer darauf an, wie die Story ungesetzt, wie sie mir “verkauft” wird. Und das klingt doch so, als wäre es genau meine Kragenweite.
    LG Gabi

    • kaisu
      14. Februar 2018
      Antworten

      Genau das ist der springende Punkt: Man kann das Rad nicht neu erfinden, nur neu verpacken :D Und das hat der Autor geschafft!

  4. 14. Februar 2018
    Antworten

    Ich habe das Buch schon vor ein paar Monaten gelesen kurz nachdem das englische Original rauskam und obwohl es da auch schon den großen Hype gab hat es meine hohen Erwartungen trotzdem voll erfüllt und ich konnte es kaum aus der Hand legen.

    Zugegeben, der Plottwist kam wirklich nicht besonders überraschend aber mir hat dieser Wechsel aus Realhandlung und (wirklich kranken) Tagebucheinträgen sehr gut gefallen und wie du auch fand ich die Protagonisten sehr gelungen.

    Ich bin auf jeden Fall schon sehr gespannt auf die Fortsetzung! :)

    • kaisu
      15. Februar 2018
      Antworten

      Ich bin auch mal gespannt, wie es fortgesetzt wird! Hab ich es richtig in Erinnerung, dass es eine Trilogie ist?
      Manchmal sind es eben wirklich die Feinheiten, die ein Buch trotz seiner Klischees besonders machen :3

  5. 18. Februar 2018
    Antworten

    Super Rezension! Hatte ich auch bereits in der Hand und hab es auf einen späteren Kauf verschoben. Das bleibt aber definitiv auf der “must have” Liste ;-)

    Gruß
    Sascha

    • kaisu
      19. Februar 2018
      Antworten

      Klar! Lohnt sich auch. Ist eben nur kein “Burner” was gewisse Punkte angeht. Der eingefleischte Krimileser blickt sehr schnell hinter die Fassade und will eigtl nur das Ende wissen XD

  6. Das die Ermittlungen bereits im vollem Gange und der Mörder auf dem Höhepunkt ist und das zu Beginn des Buches, finde ich mal eine angenehm frischen Einstieg! Und ich muss sagen, trotz deiner Kritikpunkte zu nervigen Ermittlern und Klischees, diese Sätze von dir: “Ich selbst habe sehr mit dem Mörder sympathisiert. Seine Arbeit ist in vielen Teilen äußerst makaber und dennoch macht er auf Missstände aufmerksam, die man nicht unter den Tisch kehren sollte.” machen mich neugierig und bin froh das Buch schon auf dem SuB zu haben

    • kaisu
      19. Februar 2018
      Antworten

      Les es! Diese Feinheiten werden dir sicherlich auch positiv auffallen.
      Aber mags eben nicht, wenn ein Verlag ein Buch anpreist und letztlich bleibt es hinter den Erwartungen zurück, was die Grundhandlung angeht :/ Zum Glück (!) gab es aber diese Details, die die Waage gerade hielten :P

      • 19. Februar 2018

        Da es plötzlich in aller Munde war, blieb es dann auch erstmal auf dem SuB. Ein wenig wird es dort auch noch warten müssen und feine Details können ja auch große Wirkung haben ;)

  7. 18. März 2018
    Antworten

    Hmmm, schon die zweite Rezension die eher kritisch ist. Aber der Klappentext hört sich doch sooooo toll an!! Ist das etwa schon wieder so ein Thriller wo man das ewige Gesudere und Gejammere der Ermittler erdulden muss? Mimimi..privat ist alles scheiße; Mimimi…ich kann mich nicht auf den Fall konzentrieren, weil…privat ist alles scheiße, weil privat eben alles scheiße ist. Ist das so ein Thriller? Wenn ja, dann nope, weg von der WL, wenn nope, dann bleibt er auf der Liste *g*. Du bist jetzt quasi das Zünglein auf der Waagschale also Du weise entscheiden Du musst *g*

    • kaisu
      20. März 2018
      Antworten

      Siehst du oben, das ich so etwas schreibe? ;)
      Der Hauptermittler Porter wirkt authentisch – aber ohne Klischess kommt sein Leben auch nicht daher (darf nichts sagen wg Spoiler) Und gerade der authentische sympathische Touch – ich war nicht gernervt von ihm – wollte ihn eher in den Arm nehmen – hat mich davon abgehalten das Buch abzubrechen. Hinzukommt der Killer. Man durchschaut seine Taktik recht schnell (also ich zumindest) trotzdem will man wissen, was er noch so austüftelt.

      Kollegen der Polizei oder diverse Charaktere drumherum – man kennt vieles schon. Der Autor tischt nichts Neues auf. Er verpackt es eher neu und interessant.
      Wenn du eine Punkteskala brauchst so bei 7 von 10, würde ich das Buch einordnen. Hilft das? :D

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