|Manga| “Lady Snowblood”

Es war einmal eine Frau, die unter dem Decknamen “Lady Snowblood” durch die Straßen zog. Schnell wie der Wind, unsichtbar wie ein Schatten. Im Auftrag der Yakuza erledigte sie zahlreiche Morde, bis sie eine wichtige Quelle fand, um ihren eigenen Rachefeldzug zu starten. Damit beginnt ihr Pfad des Schicksals. Gepflastert mit zahlreichen Leichen.

Inhalt mitsamt Leseeindruck:

In der Meji-Zeit (1870) gebärt eine Frau im Gefängnis ein Kind. Sie hat auf einen Jungen gehofft, doch es wird ein Mädchen. Kurzerhand wird es Yuki genannt, was “Schnee” bedeutet. Sie soll später einmal die Rache vollführen, die ihre Mutter nicht beenden konnte. So wächst Yuki bei einer Bekannten auf. Lernt die Schwertkunst und den Taschendiebstahl. Sie wird perfekt in der Täuschung und weiß bald die Waffen einer Frau geschickt einzusetzen.

Nach 20 Jahren ist nun der Tag gekommen, dass Yuki ihren eigenen Weg geht. Sie beginnt ein paar Nachforschungen und lässt fortan den Schnee bluten. Ihr größtes Geschenk ist in dem Fall, dass keiner in der damaligen Zeit hinter einer hübschen Frau eine Mörderin erwartet. Warum sollte eine Frau auch etwas anderes machen, als den Haushalt zu schmeißen, die Beine breit zu machen und Kinder zu gebären? Undenkbar!

“Lady Snowblood.. um diese Welt vom Schmutz zu reinigen, braucht man keinen weißen Schnee, sondern nur den grausamen roten Schnee von Lady Snowblood.” (S.287, Band 1)

Der Manga geht neben der Rolle der Frau auch auf die Verwestlichung ein, die in der dieser Zeit nach Japan vordringt und für eine Menge Gesprächsstoff sorgt. Man fragt sich, ob die Öffnung zum Westen nicht die eigenen Traditionen mit Füßen tritt oder schlichtweg Fortschritt mit sich bringt. Real existierende Gebäude werden genauso erwähnt, wie politische Entscheidungen. Alles wird so geschickt eingeflochten, dass es kein Geschichtsunterrricht wird, sondern man sich voll auf Lady Snowblood konzentrieren kann.

lady snowblood

Der Zeichenstil:

Die Mangaka Kazuo Koike und Kazuo Kamimura sind mit diesem Werk Vertreter des Gekiga-Stils, der erstmals in den 50ern aufkam. Man wollte sich damit von den klassischen lustigen, seichten Manga abgrenzen. Ähnlich den Grafic Novels in Amerika. Später wurde dieser Begriff durch das heutige “Seinen” abgelöst.

Der Zeichenstil ist recht klar und schnörkellos. Es ist alles auf das Wesentliche reduziert. So sucht man große Augen oder Chibi-Momente vergeblich. Was nicht heißt, dass der Manga minimalistisch gehalten ist oder kein Blut spritzen kann. Ganz im Gegenteil. Man kann die  schwitzenden Körper und die letzten warmen Atemzüge stets spüren. Zudem gibt es einige Sex-Szenen und Momente, wo durchaus Geschlechtsteile zu sehen sind. Vor allem das Phallussymbol. Keine Panik, ich kann hier schlecht spoilern, aber es hat seine Gründe, warum man es ein paar Mal sieht und zum Glück nicht zensiert ist.

lady snowblood

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Meine Abschlussworte und ein paar Eckdaten:

“Lady Snowblood” gehört zu den Klassikern, die man sich als Manga-Liebhaber nicht entgehen lassen sollte. Trotz der zahlreichen Seiten hat man die drei Bände schnell verschlungen. Erst im dritten Band nimmt der Textanteil stark zu und man drosselt automatisch sein Lesetempo.

Wer kein Problem mit Gewalt und Sex hat. Wer sehen möchte, wie eine Frau fast im Alleingang die Mauern der Gesellschaft einreißt. Wer eine unterhaltsame Story sucht, die trotz ihres Alters äußerst jung geblieben ist. Wer Gesellschaftskritik genauso mag, wie historische Fakten, der ist hier genau an der richtigen Stelle.

Der Manga wurde 1973 in Japan verfilmt. Der Film versucht sich an der episodenhaften Erzählweise des Manga, der immer zwischen Gegenwart und Vergangenheit wechselt und bemüht sich die wichtigsten Elemente einzubauen. Für die damalige Zeit ein durchaus gelungenes Werk. Später, im Jahr 2003, bringt Quentin Tarantino “Kill Bill” auf die Leinwände. Er hat lose die Grundstory aus den drei Manga übernommen.

Kazuo Koike verstarb 2019 im Alter von 83 Jahren an einer Lungenentzündung. Ein weiteres bekanntes Werk von ihm ist “Lone Wolf & Cub”, welches u.a. von Francisco Ruiz Velasco und Mike Kennedy im Jahr 2016 mit “Lone Wolf 2100” adaptiert wurde.

Kazuo Kamimura verstarb bereits mit 46 Jahren an einem Tumor. Er hat auch bei “Abe Sada als Zeichner mitgewirkt.

Genre: Crime / VÖ: 2017 (Neuauflage) / Verlag: Carlsen Manga* / Serie: Band 1-3

erhältlich bei: hugendubel.de*

auch besprochen in Folge 21 des Podcasts “3 Frauen n Comics”

8 Kommentare

  1. 16. Februar 2020
    Antworten

    Gerade noch im Comicklatsch davon gehört und nun hier auch deine schriftliche Besprechung – perfekt! Ich habe “Kill Bill” nie gesehen und mich hat der Film auch nie interessiert. Aber wie du nun im Podcast und jetzt hier über die Vorlage berichtest, machst du mich extrem neugierig auf den Manga. Dabei reizt mich weniger die eigentliche Story um die Rache, als vielmehr all die anderen Aspekte, die du erwähnt hast: die Rolle der Frau, das Einreißen patriarchaler Strukturen, sexuelle Emanzipation… Das Zitat, das du im Podcast vorgelesen hast, in dem es darum geht, dass sie ganz gerne einmal nur eine einfache Frau sein möchte, war ein zusätzlicher Anreiz und hat meine Neugier geweckt. Kommt also auf die Merkliste!

    Warum aber nur gehen solche Mangas immer unter und bleiben Geheimtipps?

    • kaisu
      16. Februar 2020
      Antworten

      Ich bemühe mich, nun endlich auch mal die Kritiken schriftlich festzuhalten. Hab dir ja auch noch was zu dem Dead Man Logan Comic versprochen (nicht vergessen!).

      Dass sie einfach nur mal einen Tag Frau sein will, dieser Moment hat sie im dem Manga verdammt menschlich gemacht und war für mich der Punkt, wo ich entgültig zu mir sagte: den musst du vorstellen!

      Zum Geheimtipp hab ich ja schon was gesagt. Ich lege halt gern meinen Blick auch auf ältere Werke und nicht nur die neusten Novitäten. Etwas was viele bei Manga selten machen :(

  2. 16. Februar 2020
    Antworten

    Dieses Menschliche und Verletzliche hat mir gut gefallen, weil die Geschichte dadurch für mich noch mal eine ganz andere Facette bekam, als das, was ich sonst anhand der Inhaltsbeschreibung erwartet hätte.

    Diese Konzentration auf Novitäten – egal, ob bei Mangas, Comics oder Büchern – finde ich immer wieder schade. Neue Titel werden gehyped, alle wollen die ersten sein, die darüber sprechen – und ein Jahr später haben alle den Titel längst vergessen. Gleichzeitig gehen so viele gute, aber weniger promotete Titel unter und man verpasst dadurch viele gute Stories.

    Und Dead Man Logan? Yeeaah! :D

    • kaisu
      17. Februar 2020
      Antworten

      Ja, im März kömmt was dazu – ob ichs noch vor der Messe schaffe, weiß ich nicht XD
      Aber für die Messe müssen wir ja eh noch ganz viele Coffeindates ausmachen!

      @Novitäten
      Gilt ja überall. Auch bei Büchern stöber ich gern in den Vorjahren und reite nicht auf der Mainstream-Hype-Welle vieler Exemplare mit :D

      • 22. Februar 2020

        “Auch bei Büchern stöber ich gern in den Vorjahren und reite nicht auf der Mainstream-Hype-Welle vieler Exemplare mit” – Und genau deshalb les ich deinen Blog so gern! :) Du hast sowieso einen sehr bunt gemischten Geschmack und hebst dich immer wieder total von den meisten Personen in meinen diversen Timelines ab.

        Ich freu mich auf unser(e) Messe-Treffen! Cosplayst du wieder?

      • kaisu
        26. Februar 2020

        Gnah, jetzt hab ich voll verpeilt dir hier zu antworten XD Da schreibst du so liebe Worte, die einen rot werden lassen und ich bedank mich nicht mal, ts! Das wird beim Coffeindate nachgeholt :D

  3. […] |Manga| “Lady Snowblood” Christin stellte uns im Februar den Manga-Klassiker vor, der für das spätere Seinen-Genre den Grundstein legte, berühmte Verfilmungen nach sich zog und andere Medien wie Tarantinos „Kill Bill“-Reihe maßgeblich beeinflusste. […]

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