|Roman| „Die Frau im lila Rock“

Posted on

von Natsuko Imamura

Rezensionsexemplar

„Bei mir in der Nachbarschaft wohnt ein Frau, die die „Frau im lila Rock“ genannt wird. Man nennt sie so, weil sie immer lila Röcke trägt.“ (Buchbeginn)

Eine Person erzählt uns eine Geschichte. Die Geschichte einer Frau, die ein markantes Merkmal hat: Den lila Rock. Davon abgesehen, hält sie sich gern in einem örtlichen Park auf. Selbst die Bank, auf der sie häufiger sitzt, ist bekannt. Dort ist sie so regelmäßig zu sehen, dass gemunkelt wird, ob sie überhaupt einen Job hat. Sie redet nicht viel. Hält sich bedeckt. Und dennoch, sie fällt der erzählenden Personen anscheinend so stark auf, dass sie sich um sie kümmert.

Die Erzählerin ist selbst eine Frau. Die Frau mit der gelben Strickjacke. Ob sie auch so markant auffällt, wie ihre Nachbarin? Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet. Ebenso wer sie ist und warum sie sich überhaupt für die Frau im lila Rock verantwortlich fühlt. Denn der fehlende konstante Job fällt auf und sie supportet sie mit Hinweisen die Berufswahl. das geht soweit, dass sie letztlich in der gleichen Firma landen.

„‚Erster Tag?‘, fragt sie und legt der Frau im lila Rock die Hände auf die Schultern. Das ist das ist das erste Mal, dass ich sehe wie jemand – abgesehen von den Kindern – die Frau im lila Rock berührt.“ (S. 27)

Was auffällt ist, dass die beiden Frauen nicht miteinander sprechen. Sie scheinen sich nicht einmal zu kennen oder gar wahr zu nehmen. Diesen Eindruck hinterlassen die Berichte der Ich-Erzählerin. Berichte? Ja. Was anfangs wie eine nette Nachbarschaftshilfe wirkt, macht mit der Zeit den Eindruck einer Beobachterin. Ja fast schon Stalkerin, die eine fremde (?) Person supportet um ihr eignes Wohl zu stärken.

Ein cosy Roman, der einen creepy Touch bekommt. So geschickt erzählt, dass mir bis zum Schluss nicht komplett klar wurde, warum sie so gehandelt hat. Ich kann nur Vermutungen anstellen.
Als wäre das nicht genug, kommt die Autorin am Ende mit einem gelungenem Twist daher, den ich so nicht erwartet habe. Das regte noch mehr zum Nachdenken an.

Wir bekommen hier einen kleinen Einblick in die Strukturen der japanischen Wohn- und Berufsgesellschaft. So wenig Seiten das Buch magen hab – nur 126 – umso einprägsamer wird mit kurzen Schlüsselereignissen und Dialogen auf die Handlung eingewirkt. Es hilft sicherlich hier etwas Wissen über die Hierachiestrukturen der meisten japanischen Firmen zu haben. Dadurch wirken bestimmte Handlungen nicht so realitätsfern.

Schlussgedanken.
Der Roman „Die Frau im lila Rock“ hat mich mit der Erzahlweise überrascht. Was anfang einer klaren Linie zu scheinen folgt, wird stetig absurder und verworrener. Die Frage nach dem „Warum?“ tauchte nicht nur einmal in meinem Kopf auf. Letztlich wandelte sich eine kurze Geschichte in ein einprägsames Ereignis, was kurz im Kopf hängen bleibt. Ein Blick lohnt.

dt. Version

Anzeige

: 02/25 bei btb
Seiten: 126

■ Japan
■ Roman
■ Einzelband
■ Akutagawa Prize (2019)

jap. Version

weitere Beschprechungen
japanliteratur
sampfotemitkrallen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert