|Crime| “Tokio Kill”

“Die Rückseite hat auch eine Rückseite.” [jap.Sprichwort]

Wie sehr diese Worte wahr sind, muss Jim Brodie in diesem Band deutlich erfahren. Man sollte ein Blatt halt immer von beiden Seiten anschauen, bevor man sich entspannt zurücklehnt. Doch bevor Jim überhaupt die Ernsthaftigkeit seiner Lage vor Augen gehalten wird, bekommt er Besuch von Akira Miura. Er hat Angst um sein Leben und bittet Jim um eine 24h Überwachung. Der alte Japaner wirkt dabei so fahrig und hibbelig, dass er sich nicht sicher ist, ob die Geschichte, die ihm als Grund erzählt wurde auch wahr ist.

Die Schatten des zweiten Weltkrieges wären dabei nach dem Leben von Herrn Miura zu trachten. Einen ersten Mord habe es schon gegeben und nun sei er der Nächste, was Jim mit der Überwachung im Namen seiner Agentur verhindern soll. Trotz der Gelassenheit des Sohnes, welcher das Verhalten seines Vaters auf Demenz zu schieben versucht, stellt er ein paar Männer zur Überwachung ab. Am nächsten Tag wird der Sohn ermordet aufgefunden.

Völlig schockiert fängt Jim nun an nachzufragen und versucht die Hintergründe der Angst von Akira Miura herauszufinden. Allerdings bekommt er auf dieser Rückseite keine Antworten. Der Japaner verschließt sich und will nicht preisgeben, was damals passiert ist im Krieg. Wieso nach Jahren das Morden an einer alten Einheit losgeht. Welche Verbrechen damals geschehen sind, die noch heute einen Rattenschwanz mit sich ziehen.

Also muss er auf einem anderen Weg an seine Informationen kommen und was er dort los tritt, wird ihm einige schwere Steine in den Weg legen und nicht immer werden diese die Menschen verfehlen, die ihn begleiten.
Auch er selbst wird nicht verschont, so bekommt er schon bald die Kraft eines Kendo-Stabes zu spüren. Eine Kraft, die bei richtiger Ausführung problemlos Menschenknochen brechen kann. Ob sich Jim da wieder heil an Land ziehen kann?

Erst seit kurzem hat Jim Brodie das Unternehmen seines Vaters in Tokio unter seine Fittiche genommen.

Dieses Familienerbe macht ihn nicht sonderlich glücklich, da er lieber mit seinen Antiquitäten handelt, als sich in Mordfälle verwickeln zu lassen. Aber er braucht das Geld, schließlich will er seiner Tochter eine gute Schulausbildung ermöglichen und die kostet nicht gerade wenig. Die Liebe zu seiner Tochter Jenny merkt man ihm sehr an. Es ist die sanfte Seite des amerikanischen Riesen, der auch ganz anders kann.

In der brutalen und kompromisslosen Welt, mit der er nun konfrontiert wird, bleibt keine Zeit für Gefühlsduseleien. Schnelligkeit und Geschick stehen an vorderster Front. So macht es sich mehrfach bezahlt, dass er ein zwei Kampfsporttechniken beherrscht und sich auch ohne Waffe gut verteidigen kann. Ein Punkt, den die junge Polizisten Rie, nicht immer erfreulich findet. Schließlich ist sie die Polizistin an seiner Seite und sollte ihn bewachen, nicht umgekehrt. Ein Punkt, der noch zu der ein oder anderen Reiberei führen wird.

Für mich war dies das erste Buch von Barry Lancet. Entsprechend kenne ich die komplette Vorgeschichte von Jim Brodie nicht. Das hat aber zum Glück der Handlung und dem Lesevergnügen nicht geschadet. Alle wichtigen Informationen werden einem gegeben, ohne allzuviel aus dem ersten Buch zu spoilern. Entsprechend werde ich recht zeitnah “Tokiotown” noch nachholen. Schließlich hat mich dieses Buch hier vollends überzeugt! Barry Lancet ist nicht der erste Amerikaner, der Bücher über Helden in Japan schreibt. Nur können nicht alle Autoren diesem Land und den Erwartungen beim Lesen gerecht werden.

Man merkt, dass Lancet in Japan gelebt hat und sich sehr gut mit der Kultur und dem Gemüt der Japaner auskennt.

Etwas, was sich selbstverständlich positiv im Buch niederschlägt. Das Kontra westliche und östliche Kultur ist gut gelöst worden und nachvollziehbar. Das Kopfkino schlägt hier seine ganz eigenen Purzelbäume vor Glück.
Zwar geht es nicht sonderlich sanft zur Sache, auf einige brutale Szenen sollte man sich durchaus einstellen, dennoch machte es Spaß das Buch zu verschlingen.

Sehr schön fand ich den ganzen Informationsinput, der einem gegeben wird. Der ein oder andere wird sicher schon vieles davon kennen, aber gewisse Details über asiatische Kunst, der Kriegsgeschichte, alten Traditionen und den Kampftechniken waren auch mir neu. Diese kleinen Fakten lassen die Story noch realer erscheinen und schüren das Lesetempo an. Von der Spannung ganz zu schweigen.

Wie man sich schon denken kann, sagen nicht alle die Wahrheit und Jim muss ziemlich lange im Trüben fischen, bis er den fetten Brocken auf dem Silbertablett serviert bekommt. Die Gemeinheit und Hinterlistigkeit lässt also nicht nur den Leser die Stirn runzeln. Da Jim aus der Ich-Perspektive zum Leser spricht, ist man noch näher dabei und weiß immer nur so viel wie er auch weiß. Rätselraten ist also vorprogrammiert. Denn wer der Drahtzieher hinter allem ist und warum überhaupt so viele Menschen sterben müssen, bleibt, wie oben erwähnt, recht lange verborgen.

Alles in allem hat mich dieses Buch perfekt überzeugt!
Von Anfang bis Ende fühlte ich mich gut unterhalten und bin geradezu durch die Seiten geflogen. Jim ist kein Mister Perfect, hat seine Ecken und Kanten, was ihn sehr sympathisch macht. Ebenso seine Begleitung Rei. In den kommenden Bänden wird man die beiden sicher noch öfter antreffen und ich freue mich, die beiden zu begleiten!

Tokio Kill Barry Lancet Sketchnote


Genre: Thriller / VÖ: Mai 2015 / Verlag: Heyne / Region: Japan/Amerika / Serie: “Jim Brodie” Band 2

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