|Roman| “Äquator”

“Unser Leben ist unsere einzige Waffe. Wenn du nicht bereit bist, es zu riskieren, dann bist du entwaffnet. Das ist unsere letzte Freiheit.” (S.209)

Ein junger Mann namens Pete, ist auf der Suche nach der Mitte der Welt. Dem Äquator. Dort soll es die Antwort auf all seine Fragen geben. Die Erlösung von den zahlreichen Dämonen, die ihn seit Jahren plagen. Forschen Schrittes reist er also durch das Land, stetig mit der Frage auf den Lippen: “Wo geht es zum Äquator?” Die Antworten kommen. Mal mehr, mal weniger hilfreich. Denn er scheint seinem Ziel tatsächlich näher zu kommen oder trügt der Schein? Sicher ist, dass Pete sich selbst immer besser kennen lernt.

Theoretisch habe ich mit diesem Absatz das Wesentliche der Geschichte zusammengefasst. Aber es gibt natürlich noch viel mehr Details, die alles ausschmücken und das Buch lebendig werden lassen. Zudem hat Pete einen Hintergrund, den man nicht außer Acht lassen sollte. Schließlich schubst dieser ihn förmlich in das Abenteuer durch Amerika. Man lernt ihn als Mörder, Verteidiger, Liebhaber, aber auch als Rebell und unschuldiges Kind kennen. Kein Stempel will so recht passen. Ständig steckt Bewegung in ihm drin.

“Zum Äquator?”
McRae lächelte.
“Genau.”
“Dorthin, wo alles anders ist?”
“Solange man lebt, hat man ein Recht auf seine Träume. Selbst, wenn sie nach einer Weile in Reue enden.” (S.71)

Der Startschuss fällt in seiner Kindheit. Der Vater ist gewalttätig. Die Mutter das sanfte Gegenstück. So etwas geht nie lange gut. Entsprechend folgen rasch die ersten Leichen, die den Weg des jungen Pete pflastern. Als er alt genug ist, sattelt er seinen Mustang und reitet hinaus in die Welt. Kurz darauf folgen weitere tote Menschen. Nie verweilt er lange an einem Ort und trifft so eine Gruppe Bisonjäger. Ruhe scheint einzukehren. Er hat eine Aufgabe, einen Job, macht Bekanntschaften und bleibt trotzdem allein. Zeitgleich nähert er sich der Grenze der Erde. Perfekt. Nicht für Pete.

Man kann die Veränderung förmlich in der Luft spüren. Unruhe macht sich breit. Ebenso das Misstrauen. Die Reise geht somit weiter. Ein Ende scheint noch lange nicht in Sicht, dabei wünscht man es Pete immer mehr. Dank einiger Briefe erfährt man Stück für Stück all die Facetten seiner Vergangenheit. Jene dunkle Schatten, die ihn nicht in Ruhe lassen und ihm an den Fersen kleben. Da stellt man sich bald die Frage: Ist es nicht sinnvoller sich diesen Schatten zu stellen, anstatt vor ihnen davon zu laufen? Und auch Pete kommt irgendwann zu dieser Erkenntnis und bringt Veränderung in den Lauf der Geschichte.

Der wunderbare Schreibstil ist mir wohl bekannt.

Bereits in “Die Treibjagd” konnte mich Antonin Varenne voll in seinen Bann ziehen. Er beschreibt so bildhaft und mitreißend, dass einem gar nichts anderes übrig bleibt, als an seinen Lippen zu kleben. Man spürt die Hitze der Prärie in seinem Nacken brennen, spürt das Vibrieren des Bodens, wenn eine Bisonherde sich nähert. Bekommt warme Spritzer Blut ab und wischt sie sich gedankenverloren von der Wange, während man den Blick in die Ferne richtet und das salzige Meer bereits auf den Lippen schmecken kann.

An ein, zwei Stellen hab ich mich gefragt, warum Pete Ferguson noch eine Ehrenrunde drehen muss, anstatt weiter seinem Ziel entgegen zu kommen, dann verfällt man wieder dem Schreibstil und sieht großzügig darüber hinweg. Wer also auf der Suche nach einem besonderen Leseerlebnis ist, sollte definitiv einen Blick in “Äquator” werfen. Es ist ein Roman, der klare Worte findet und nicht milde mit seinen Charakteren umgeht und dennoch nicht in einem Gemetzel endet. Leseunterhaltung, der man eine auf jeden Fall Chance geben sollte.

“Es ist ein schöner Tag, und du bist allein, du wirst hinausgehen und durch gepflasterte Straßen laufen. Du bist immer noch auf der Flucht und du hast noch niemanden gefunden, mit dem du reden kannst, in dieser Welt, in der man stirbt.” (S.185)

äquator, roman


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Genre: Roman  / VÖ: März 2018 / Verlag: C.Bertelsmann / Serie: Einzelband

erhältlich bei: hugendubel.de

meine Kritik zuDie Treibjagd

weitere Meinungen  zu “Äquator”: in Bearbeitung


2 Kommentare

  1. 26. Juni 2018
    Antworten

    Alleine schon für deine Zeichnungen als Sketch-Note hat sich das Buch gelohnt. haha
    GlG, monerl

    • kaisu
      27. Juni 2018
      Antworten

      Wie lieb :3
      Danke dir <3

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