|Serie| “He’s Expecting”

ヒヤマケンタロウの妊娠 // Yuko Hakoda
#Japanuary

Stell dir vor, wir würden in einer Welt leben, in der Cis-Männer Kinder gebären können. Stell dir vor, genau DAS wird von der Gesellschaft als selbstverständlich hingenommen. Stell dir vor, wie DU reagieren würdest, wenn du in einer Beziehung bist und sich ein Kind ankündigt.

Nur eine Fiktion?

Inhalt
Kentaro Hiyama steht mitten im Leben. Er hat einen Job, ein paar Liebschaften, wobei besonders zu Aki eine engere (Sex)Beziehung besteht. Allerdings hat sie keinen Bock auf schnelle Heirat und gesellschaftliche Normen. Das macht sie Kentaro stets bewusst. Dieser kommt damit absolut klar, zumal er beruflich aktuell arg eingespannt ist und sich Aufstiegschancen ankündigen. Gleiches gilt auch für Aki.
Dann kommt der Tag, wo sich beide über Schwangerschaften von Cis-Männern sprechen. Sie sind vollkommen offen dafür (gesellschaftlich), können es sich aber absolut nicht in der Realität vorstellen. Kurz darauf hat Kentaro regelmäßig mit heftiger Morgenübelkeit zukämpfen.

Ein Film bzw. eine Mini-Serie, in der Männer* schwanger werden?
Das gibt es nicht zum ersten Mal in der Filmbranche. Wobei diese den Punkt eher ins Lächerliche ziehen und sich kaum bis gar nicht mit der Realität auseinander setzen, wie sie schwangere Frauen* regelmäßig erleben müssen.
Sei es der Punkt, dass Schwangerschaft als Krankheit angesehen wird, die hormonelle und optische Veränderung des Körpers oder zahlreiche gesellschaftliche Ansprüche, sobald das Kind auf der Welt ist und nicht ruhig & selig vor sich hin träumt.

hes expecting screenshot
He’s Expecting Filmausschnitt


He’s expecting setzt sich in Ansätzen gut mit diese Punkten auseinander. Natürlich kann die Mini-Serie nicht alles aufgreifen, dennoch wird ein guter Querschnitt durch die (japanische) Gesellschaft gezeigt. Vor allem der Aspekt, der Arbeit wird sich herausgepickt.
Wie? Du kannst nicht mehr die volle Leistung zeigen?
Was? Du hast keine Zeit und bist schon wieder krank?
Idee? Welche Idee? Dein Kollege übernimmt das jetzt DU musst dich doch schonen! Schau mal da, Präsente einpacken, das ist doch etwas für dich!
Ergänzend sei zu sagen, dass der gute Kentaro zunächst die Schwangerschaft geheim hält. Nur Aki weiß davon und selbst die hat damit zu kämpfen.
Dazu nur ein kleiner Hinweis: Wie reagieren Männer gerne, wenn die Sex-Bekanntschaft plötzlich schwanger ist?

Wagt der Film es anzuecken?

Jain.
Eine Serie mit acht Folgen a 25 Minuten kann kaum alle gesellschaftlichen Normen und Kritiken ansprechen, die schwangere Menschen erleben und teilweise erleiden müssen. Allerdings ein Werk auf den Markt zu bringen, aus einem Land, wo es so was wie Homosexualität oder LGBT* öffentlich so gut wie gar nicht zu sehen gibt, ist erfreulich. Obwohl es dort nicht “verboten” ist, wie es gern gedacht wird. Ganz im Gegenteil. Stattdessen sind Liebesbekundungen in der Öffentlichkeit dort generell selten bis gar nicht sichtbar.

Die Geburtenrate ist zudem in Japan seit Jahren rückläufig, da ist es doch ein willkommener (biologischer) Ansatz, dass nun Männer* ebenfalls gebären können. Wieso sollen nur Frauen* all die Strapazen durchleben und sich in eine Ecke drücken lassen (daheim, karrierelos, verheiratet, der Mann bringt das Geld heim)? Wieso soll eine Frau* nicht ebenfalls Erfolg im Leben haben – in einer Männerdomäne? Gänzlich kinderlos und unverheiratet OHNE dem negativen Stempel, dass da bestimmt was nicht in Ordnung ist. Aki bekommt in der Hinsicht jedenfalls etwas Freiraum und kann diese Rolle widerspiegeln.

Da ich bisher überwiegend die negativen Aspekte angesprochen habe: Natürlich ist nicht jede Schwangerschaft negativ behaftet! Dennoch wird sie – mitsamt der Geburt und dem Aufwachsen des Kindes – gerne romantisiert. Die Serie spricht beide Punkte an. So zeigt sie, neben den vielen Eckpunkten, ebenfalls feine Lichtblicke.

Vergleich Manga vs. Live Action Adaption

Die Serie basiert auf dem gleichnamigen Manga von Eri Sakai. Die Grundstory wurde nahezu 1:1 übernommen. Hier und da gibt es ein paar Änderungen. So wird der Druck des Arbeitsgebers viel deutlicher spürbar, in der filmischen Umsetzung. Ebenso können die Charaktere sich mehr entfalten und entwickeln. Das kam mir im Manga etwas zu kurz. Dort wirst du reingeschmissen, in ein positives Schwangerschaftsergebnis, und läufst ratzfatz alle Eckpunkte von Vorurteilen ab.
Vielleicht wären hier zwei bis drei Bände besser gewesen, als ein kleine Einzelband.

Bitte mehr davon!
Ich höre schon die Stimmen aus dem Off: Männer können nicht schwanger werden! Wohle!
Doch die blenden wir jetzt einmal aus: Die Serie bietet einen wunderbaren Ansatz und feine Ideen für unsere Gesellschaft. Es ist quasi eine Gesellschaftskritik in sanfter Version. Denn den richtigen Hammer holt sie nicht heraus Es wird ein Spiegel vorgehalten und Lösungen vorgeschlagen, was daraus gemacht wird, ist ein anderes Blatt.
Ob eine Serie bzw. ein Manga da generell was ändern, wage ich zu bezweifeln, aber vielleicht sorgt er für mehr Offenheit.

Serie und Manga sind beide lohnenswert! Also nicht scheuen und reinschauen. Keine Sorge, hier ist nicht alles trocken, bieder und steif. Der (sarkastische) Humor kommt nicht zu kurz.

Eckdaten

Genre: Drama, Comedy
Länge: 200 min
Regie: Yuko Hakoda
VÖ: 2022

Sprache: jap. mit UT
free Stream: Netflix (Stand 01/23)

He’s Expecting Filmcover

Etwas Hintergrundwissen zum Manga:
Erschienen bei Tokyopop* im Dezember 2022 als Einzelband.


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