von Henrik Seibold
Gelesen & unter die Lupe genommen: “Inspektor Takeda und die Toten von Altona”.
Worum geht es?
Um das, was der sperrige Titel bereits sagt: Einen Inspektor namens Kenjiro Takeda, der gemeinsam mit Hauptkommissarin Clauda Harms, mehrere Totenfälle in Hamburg Altona untersucht.
Besonders tricky ist, dass der erste Fall wie ein Suizid ausschaut. Erst bei genauerem Hinschauen, kommt Takeda die scheinbare Perfektion subtil vor. Ab sofort wird ein Doppelmord untersucht.
Doch wer bringt ein Pärchen so heimtückisch in der eigenen Wohnung um?
Ermittlungsparty!
Der Fall selbst ist eine gelungene Ausgangslange für die komplette Handlung. Denn hier geht es nicht nur um einen Mord. Takeda besucht für kurze Zeit Deutschland, um aus einem mentalen Tief in seinem Heimatland zu entkommen. Da bietet sich ein Land, dessen Sprache er bereits beherrscht, an.
Zudem kann er hier neue Ermittlungsarbeit lernen und sein Wissen einbringen.
Klingt ideal!
Ist es allerdings nicht.
Surprise.
Problem Nummer 1.
Claudia Harms, seine zugeteilte Kollegin, hat ebenfalls einige private Baustellen offen. Zudem konnte ich ihre Arbeitsweise, sowie ihr unproffessionelles Verhalten an manchen Stellen nicht nachvollziehen. Auf der einen Seite ist sie offen für Neues, verhält sich absolut beruflich korrekt und denkt geschickt um die Ecke. Auf der anderen Seite lässt sie sich extrem schnell auf die Palme bringen und haut Sachen raus, die so absolut nicht zu ihrem erschaffenem Charakterdesign passen wollen.
Problem Nummer 2.
Kenjiro Takeda bekommt die volle Bandbreite der japanischen Klischees ab. Ich liste nicht alle auf, da es teilweise Spoiler wären. Dennoch ein paar “nette” Momente:
Er mag Jazz und spielt Saxophon. Er beherrscht Kampfkünste. Er hat Humor, der ja so vollkommen UNERWARTET ist.
Problem Nummer 3
Der Alltagsrassismus. Auch hier benenne ich nur eine Kategorie, da mehr Spoiler wäre.
Es wird stetig erwähnt wie gut Takeda deutsch spricht! Schon einmal einen Japaner deutsch sprechen gehört? Ich ja.
Takeda sagt also etwas – da es ein deutsches Werk ist, steht es ebenfalls deutsch da, ohne Dialekt oder ähnlichem – kurz dahinter wird es quasi ins japanisch-deutsch (?) “übersetzt”.
Beispiel Seite 38: “Das freut mich”, sagte Takeda. Dassu fureutu michu.“
Was zum Henker?
Das zieht sich durch das komplette Buch. Immer wieder kommt so eine “Übersetzung” vor. Wieso wird das gemacht? Zumal seine guten Sprachkenntnisse stetig gelobt werden?
Fazit
Der Krimanalroman ist nicht durchweg schlecht. Diese kleine Lanze möchte ich brechen. Ich mochte wie komplex der Fall ist und nicht mit einem Wimpernschlag gelöst wird. Zudem lernt Takeda einiges von den Hamburger*innen und da kommt die Selbstironie nicht zu kurz. Diese kleinen Lichtpunkte täuschen allerdings nicht über den bitteren Beigeschmack meiner drei Hauptkritikpunkte hinweg.
Als kleiner Anreiz eine weitere Nationalität, die sich warm anziehen sollte: Türkische Familien (Klischees lassen grüßen).
Ich fand es letztlich wirklich schade, denn ich hatte mich auf das Buch gefreut. Da ich gegen Ende immer genervter wurde und auf ein baldiges Ende hoffte, werde ich die Reihe nicht weiterverfolgen. Schade um Herrn Kenjiro Takeda, der ein äußerst sympathischer Charakter ist.
Enttäuschend. Keine Leseempfehlung von mir.
|| Ein Beitrag zur Aktion “abc Challenge 2023”
Ich hab über diesen Roman bisher so viel Negatives gehört und deine Rezension bestärkt mich darin, dass dieses Buch – abseits des Kriminalfalls – eine Katastrophe ist. Vor allem bei diesem Pseudo-Japanisch-Deutsch frag ich mich, was nur in den Autor und den Verlag gefahren ist, so etwas zu schreiben und zu publizieren. Dazu noch all die anderen rassistischen Klischees … Traurig, dass man im Verlag nicht sensibler für diskrimierende Aussagen und Darstellungen (gewesen) ist.
Ich bin/war ebenfalls sehr vom Verlag enttäuscht, da ich bisher dort immer gute Werke für mich gefunden hatte! hab hier mehrfach laut geflucht wegen dieser “Übersetzungen” …
Bin zudem äußerst froh – fünf Ausrufezeichen – dass ich das Buch günstig gebraucht geholt habe. Wandert nun in den Bücherschrank :(
Schade, denn es wäre mal so ne feine Kombi gewesen.
Immerhin hast du so nicht allzu viel Geld ausgegeben für etwas, das für so viel Ärgernis sorgt.
Aber ich bewundere dich, dass du bei dem Buch trotz all der Kritikpunkte durchgehalten und nicht nach 50 Seiten abgebrochen hast!
Lag wohl eher an der Kombi: Hoffnung auf Besserung und dem Hauptfall, der ja gar nicht so uninteressant war XD
Mit dem Roman kam ich aus allen oben von dir genannten Gründen auch überhaupt nicht klar. Viel zu unbewusst für Diskriminierung und viel zu viele Stereotypen ausgepackt.
Gekauft hab ich den natürlich gerade wegen der Neugier auf den japanischen Ermittler…aber naja.
Wir lernen stetig dazu XD
Leider ist somit wieder mein Verdacht bestätigt; deutsche Autor*innen sollten von manchen Büchern Abstand halten :(