|Fantasy| “Wild Cards – Das Spiel der Spiele”

Manhattan 1946. Der zweite Weltkrieg ist überstanden. Ein erstes Aufatmen geht durch die Menschheit. Doch dann folgt unmittelbar im Anschluss eine weit größere Katastrophe, wenn gleich sie schleichender vonstattengeht, als ein Bombenangriff. Ein Alienvirus wird entdeckt und bei dem Versuch die Bevölkerung davor zu bewahren, dass es in Umlauf gerät, geht leider alles schief. Rasant verbreitet sich dieser fremde Virus und sorgt für zahlreiche Mutationen. Plötzlich werden Asse und Joker geboren. Menschen, die mit Missbildungen zurechtkommen müssen (Joker) und solche, bei denen sich verborgene Fähigkeiten zu kämpfen haben (Asse). Natürlich ist nicht jeder mit seinem Äußerem beziehungsweise seinen Inneren Werten zufrieden. Dennoch nutz jeder seine Eigenschaften zu seinem Besten aus.

So auch der Journalist Jonathan Hive.

Er ist Blogger und möchte mit seiner Form der Mutation in der Show “Americans Next Superhero” teilnehmen. Zunächst wird er nicht sonderlich ernst genommen, denn was soll schon so toll daran sein, sich in Wespen verwandeln zu können? Die können doch nichts! Je weiter die Aufnahmen für die Show voranschreiten, umso mehr lernt man ihn zu schätzen. Was sein Selbstbewusstsein stark fördert.Genau wie ihm ergeht es vielen weiteren Teilnehmern. Die meisten wurden vom Verwandten- und Bekanntenkreis dazu gebracht teilzunehmen und nach und nach lernt jeder seine Fähigkeit zu lieben und anzuwenden, was ihnen später noch von großem Vorteil sein wird. Jedoch bis es so weit ist, haben sie alle noch einen langen Weg vor sich.

Das Buch fängt mit zwei markanten Ereignissen an. Zum einen die amerikanische Selbstdarstellungsshow “Americans Next Superhero” und zum anderen mit einem dramatischen Ereignis in Ägypten, welches zunächst sehr weit entfernt erscheint. Schließlich liegen Amerika und Ägypten recht weit von einander entfernt und haben bis auf dem Anfangsbuchstaben kaum etwas gemeinsam. Da sich in dem Buch auch zunächst mehr auf die Casting Show konzentriert wird, geraten die Geschehnisse in Afrika bald etwas in Vergessenheit. Dies ist allerdings ein grober Fehler, wie sich rasch herausstellen wird

Der Einstieg in das Buch ist zunächst nicht sehr einfach. Das liegt nicht am Schreibstil, sondern eher an der Fülle an Informationen, die über einen herfallen. Kaum hat man sich einen kleinen Überblick verschafft und kann sich alles wunderbar vorstellen, kommen die Namen der Casting-Teilnehmer. Es gibt vier Mannschaften und jeder besteht aus sieben Mitgliedern. Das macht nach Adam Riese – richtig – achtundzwanzig Namen. Zusätzlich kommen noch die Kamerateams und die Moderatoren hinzu. Ein Wirrwarr, dass man nicht zu schnell lesen sollte. Liest man es aufmerksam durch und arbeitet sich von Kapitel zu Kapitel, kann man sich zum Glück schnell die wichtigsten Namen merken und bekommt einen guten Überblick. Rasch hat man seine Lieblinge gefunden und freut sich jedes Mal wenn sie zu Wort kommen.

Von nun an wird man mehr und mehr in die Castingwelt eingeführt.

Wer sich hierzulande mit den trügerischen Systemen der Shows bekannt gemacht hat, der wird wissen wie viel gefakt wird, um eine gute Einschaltquote zu erhalten. Auf dieser Ebene war es also nichts Neues für mich und so fing ich mich rasch an zu langweilen. Man hangelt sich von einer Entscheidungsshow zur nächsten, beobachtet Intrigen, runzelt die Stirn bei manchen Verhaltensmustern, betrauert die Naivität einiger Kandidaten und kann letztlich nur Mitleid empfinden.

Ich fand, dass sich dieser Part wie Kaugummi gezogen hat. Natürlich lese ich Gesellschaftskritik sehr gerne und der Humor kommt hier auch nicht zu kurz, dennoch hat man irgendwann gerafft, dass das alles Show ist. Man weiß, dass es schwarze Schafe gibt und nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen ist. Außerdem wirkt es abschnittsweise wie ein Jugenbuch. Die Gespräche zeugen von Unerfahrenheit und spielen sich auf einer Ebene ab, wo man denken könnte, das hier sind alles Teenager. Sofern es Absicht ist, ist das nicht gut umgesetzt, da es eher nervtötend ist, als interessant.

Zum Glück kam dann die Wende. Nein, nicht DIE Wende, aber auch eine Begebenheit, die viele Ansichten und Verhalten der Menschen änderte. Ab diesem Punkt war ich wieder voll im Geschehen drin. Spannung von Anfang bis Ende. Ein Tempo wird vorgelegt, wie ich es mir schon eher gewünscht hätte und schließlich gipfelt alles in einem Finale was traurig und schön zugleich ist. In diesem finalen Part kam auch der Herausgeber George R.R.Martin zu Wort. Sein Abschnitt hat mich noch mal bekräftigt, endlich mit den Büchern zu Game of Thrones anzufangen!

Damit spreche ich direkt einen Punkt an, der viele vielleicht zunächst vom Kauf des Buches abhält: Elf (?) Autoren und noch mehr Schöpfer sind an diesem Wild Cards Projekt beteiligt. Zum Glück ist das nicht sonderlich spürbar. Natürlich merkt man, dass der Schreibstil sich ab und an etwas ändert. Aber trotzdem wirkt nichts abgehakt oder gar zusammengesetzt. Jeder Autor hat seine Figuren, um die er sich kümmert. Besonders die Figur des Journalisten Jonathan sticht hier hervor, da er als einziger aus der Ich-Perspektive in seinen Blogbeiträgen erzählen darf. Ansonsten trifft hier auf keinen Fall das berühmte Stichwort: “Viele Köche verderben den Brei” zu. Eher im Gegenteil.

Alles in allem betrachte ich das Buch mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Sehr gut finde ich die Gesellschaftskritik und das Zusammenspiel der vielen Autoren. Negativ finde ich den Zwischenteil, wo sich letztlich alles wiederholt und nichts Neues geschieht. Hätte sich das Ende nicht so entwickelt und den Faden zu den ersten Kapiteln wieder aufgenommen, wäre meine Benotung sicher wesentlich schlechter ausgefallen.

An dieser Stelle möchte ich auch noch erwähnen, dass das hier nicht Band 1 ist! Es ist der 18. Band aus der Wild Cards Serie, welche 1987 ins Leben gerufen wurde. Die ersten zehn Bände sind im Heyne Verlag erhältlich. Wieso man hier nicht direkt weitergemacht hat, ist mir nicht verständlich. Dennoch sollten sich Fantasy-Liebhaber dieses Buch nicht entgehen lassen. Ich für meinen Teil habe nun einen Narren in dem Schreibstil von Daniel Abraham gefressen und werde sicher das ein oder andere Buch von ihm lesen.


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Genre: Fantasy / VÖ: August 2014 / Verlag: Penhaligon* / Serie: Band 18 bzw. Band 1 in Dt


9 Kommentare

  1. Aleshanee Tawariell
    5. September 2014
    Antworten

    Huhu!

    Das hast du sehr gut zusammengefasst und ich kann deine Meinung sehr gut nachvollziehen!
    Allerdings hat mich das Getändel während der Castingshow schon gut unterhalten. Ich fand es witzig und durch die Kapitel aus unterschiedlichen Perspektiven war es auch nicht so schwierig, sich die Charaktere zu merken. Das fand ich echt gut gemacht.
    (Übrigens sind das bei Jonathan Wespen und nicht Bienen! :D)

    Dass es der 18. Teil ist hab ich auch gehört, aber es wurde gesagt, dass man mit ihm am besten einsteigen können – deshalb hätten sie ihn als erstes genommen. Keine Ahnung warum … und ich finde auch auf keiner Seite, nicht mal bei George Martin selbst, die anderen 17 Teile ^^
    Ich lass mich jetzt einfach überraschen und hoffe, dass sie die "Reihe" jetzt so rausbringen, dass es mir zumindest logisch erscheint. Was soll man auch anderes machen ;)

    Sind wir mal gespannt, was die Fortsetzung so bringt!

    Liebste Grüße, Aleshanee

    • Aleshanee Tawariell
      5. September 2014
      Antworten

      Ahh, ich habs gefunden. Zumindest eine Liste der Wild Cards Reihe … war wieder zu voreilig ;)

    • TheReal Kaisu
      5. September 2014
      Antworten

      Okay Wespen – habs abgeändert – is bei mir alles das Gleiche :P

      Danke fürs Lob :)
      Ich fand den Mittelteil nicht besonders spannend, anfangs schon, aber das hörte rasch auf, aber wir können ja auch nicht alle den gleichen Geschmack haben ;)

      Ich habe nun eher Interesse an den ersten Bänden und nicht an den Fortsetzungen. Mal stöbern was der Buchmarkt so verlangt.

    • Aleshanee Tawariell
      5. September 2014
      Antworten

      Wenn ich englisch besser könnte würde ich sie ja gerne im Original lesen, aber da haperts dann doch zu sehr … bin sehr gespannt, was da als nächstes kommt, sie haben ja hoffentlich einen Plan, was sie wann veröffentlichen wollen ^^

    • TheReal Kaisu
      6. September 2014
      Antworten

      Das will ich doch schwer hoffen :D

  2. WortGestalt
    7. September 2014
    Antworten

    Ha, auf deine Rezension habe ich schon ganz gespannt gewartet! :) Die Idee mit dem Virus und den Superkräften, weißt ja, das reizt mich schon sehr, aber hach, so richtig bin ich noch nicht drauf, das Buch zu lesen.
    Gerade was Du mit dem Zwischenteil meinst, kann ich mir ungefähr vorstellen, glaube ich. Ähnliche Schwierigkeiten hatte ich ja mit dem ersten GoT-Buch. Ist denn das Zwischenmenschliche bei den Castingshow-Leuten auch wieder so ein bisschen Soap-Opera mäßig oder gibt es da Überraschungen?

    • TheReal Kaisu
      7. September 2014
      Antworten

      Überraschungen? öhm – also wenn man Castingshows "kennt" und weiß wie deren Abläufe sind inkl Darstellerhaus, Interviews, überall Kameras, menschenunwürdige Vorführungen, dann überrascht einen hier nichts :/
      Ich war halt am Ende enttäuscht, dass dem unwissenden Leser hier ein Band 1 verkauft wurde. Natürlich erklärt sich alles irgendwie von selbst – trotzdem fange ich eine Reihe gerne von vorne an …
      Glaub bin bisher die Einzige die an dem Buch "rumnörgelt" :P

    • WortGestalt
      8. September 2014
      Antworten

      Das mit dem Reihen-Gewusel habe ich auch schon gelesen, irgendwo hieß es, die Reihe hätte nun eine Weile geruht (sieht man den alten Bänden auch deutlich an, dass die noch aus eine anderen Ära stammen *lach*) und nachdem Martin das Projekt jetzt wieder mit neuen Autoren aufgerollt hat, sollte das Buch hier dann quasi auch als neuer Start-/Fortsetzungpunkt dienen. Die alten Bände sind auch nur noch second hand erhältlich, soweit ich das gesehen habe. Aber klar, jetzt nutzen die nochmal die aktuelle GoT-Welle, drucken ganz dick Martin rauf und schon läuft der Hase.

      Kann deine Kritik aber durchaus nachvollziehen! Ich lasse von dem Buch erstmal eine Weile die Finger, durch meine Skepsis hätte es das Buch auch momentan echt schwer, mich zu begeistern. ^^

    • TheReal Kaisu
      8. September 2014
      Antworten

      Ohja, Namen verkaufen sich gut und das wird – leider – immer wieder ausgenutzt…

      Ich würds in Kauf nehmen gebrauchte Bücher zu holen. Muss man wenigstens kein schlechtes Gewissen gegenüber demGeldbeutel haben, wenn es einem nicht gefällt :P

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