Eine Kindheit im Internierungslager.
Wir schreiben das Jahr 1941 in Los Angeles. Die Japaner haben Peal Harbor angegriffen. Das bedeutet Krieg. Japan wird zum offiziellen Feind erklärt. Das ist weit weg. Was soll schon in Amerika passieren? Wer in Geschichte gut aufgepasst hat und in der Gegenwart mit offenen Augen durch die Straßen läuft, weiß sehr wohl, was das bedeutet. Erst nur in kleinen Gruppierungen, wird es im Laufe der Zeit immer schlimmer und offzieller: Japaner sind in Amerika nicht erwünscht. Selbst wenn sie dort geboren sind und nie einen Fuß auf die Japanischen Inseln gesetzt haben.
Ähnlich der Judenverfolgung, sind Japaner in Geschäften unerwünscht, man zerstört ihr Hab und Gut, bis hin zum Abtransport. Auch Georges Familie macht sich bereit. Im Frühling 1942 ist es soweit. Die erste Station ist eine Pferderennbahn in Santa Anita. Wie die Tiere, werden sie in die Boxen gebracht. Für ein kleines Kind mag das wie ein Spiel erscheinen, ein Abenteuer. Für die Eltern ist es der blanke Horror. Da hat man sich mit viel Liebe und aus eigener Kraft ein Heim aufgebaut und dann wird einem wegen “feindlicher Aktivität” alles genommen.
Nach ein paar Monaten heißt es “Koffer packen“. Die Japaner müssen die Pferdeställe verlassen, bekommen Markierungen wie Vieh und werden in einen Zug gesperrt. In Arkansas ist Endstation. Camp Rohwer. Ein Konzentrationslager, was bis zu 8.500 Menschen aufnahm. Die meisten kamen aus Los Angeles, wie Familie Takai oder San Joaquin Valley. Von Stacheldraht umgegeben, am unteren Ende der Gesellschaft angekommen, versuchen die Menschen dennoch sich zu organisieren. Dann ist da die Frage der Loyalität. Amerika versucht sich zu rechtfertigen für seine Maßnahmen und stellt zwielichtige Fragen. Als ob man es denen jemals recht machen könnte. Vor allem in so einer Situation.
Eckdaten (Anzeige)
208 Seiten (dt.)
Mai 2019 veröffentlicht bei Cross Cult*
Einzelband, Hardcover
Schwarz/Weiß
von Harmony Becker (Artist) + George Takei, Steven Scott, Justin Eisinger (Writer)
in “Bald sind wir wieder zu Hause*” ist ebenfalls aus Kindersicht erzählt
George Takei erzählt das Buch aus der Sicht eines Kindes. Er war damals ein Kind. Er Dinge anders wahrgenommen, als er es heute macht, wenn der seine Vergangenheit reflektiert. Dennoch hat er das Leid und den Schmerz, den Hunger und die Verwahrlosung, die im Laufe der Kriegjahre immer schlimmer werden bewusst mitbekommen. Es ist eine Zeit, die viele Generationen komplett unterschiedlich geprägt hat. Manche haben sich abgekapselt – verdrängen es, manche sind Stolz und viele erzählen ihre Geschichten, damit es sich niemals wiederholt.
Ich habe schon ein paar Comics zu Thematiken im Zweiten Weltkrieg gelesen. Ich werde nicht müde damit aufzuhören. Somit war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis ich “They called us enemy” lesen würde. Passend dazu gewann der Comic ganz frisch auf der San Diego Comic Con, den Eisner Award in der Kategorie “best realty-based work”. Der Comic “Grass*“, den ich hier schon vorgestellt habe, war ebenfalls in der Kategorie nominiert. Was dieses Werk nun ein wenig unterscheidet ist die Fülle an Informationen, die hier reingepackt sind. Den Comic hat nicht mal eben in einer Stunde verschlungen.
Zu dem Schauspieler George Takei habe ich keinen Bezug. Daher bin ich recht neutral, was ihn angeht, an diesen Comic herangegangen. Er hat eine Geschichte erlebt, die mit zarten Gesichtern und klaren Panels erzählt wird, denen man klar folgen kann. Blut und Verderben wird man in dem Sinne nicht finden. Es ist eher das Kopfkino, was die Farben einsetzt (oder eher Grautöne) und den Erlebnissen die Rauheit der damaligen Zeit gibt. Er verflechtet die Vergangenheit mit der Gegenwart und reflektiert zugleich. Diese Zeit darf sich niemals widerholen. Jeder kleine Zweig muss im Keim erstickt werden. Klassifizierungen nach Menschenrassen sind das Letzte!
“They called us enemy” ist ein Comic, über eine Grausamkeit der Menscheit, er erinnert, ermahnt, unterhält und jede Leseminute wert ist.
eine weitere Kritik gibt es z.B. bei Ariane > klick*
[…] |Comic| „They called us enemy“ Christin stellt in ihrem Blog Eisner-Award-nominierte Comics vor. U.a. den erwähnten, in dem George Takei seine Erfahrungen und Erinnerungen aus den Lagern teilt, in die in Amerika lebende Japaner nach den Ereignissen in Pearl Harbor interniert und als „der Feind“ stigmatisiert wurden. Außerdem den Comic Grass über das Schicksal sogenannter Comfort Women. […]
[…] Weitere Rezensionen zum Comic findet ihr bei diesen Kolleg*innen:Comic-CouchLass den Wookie gewinnenLife4BooksNerd mit Nadel […]