Berlin 1938 und der Traum von Freiheit.
Es ist die Progromnacht. Die Nacht, in der bewusst und äußert gezielt jüdische Einrichtungen und Versammlungen jeglicher Art angeriffen und zerstört werden. Tausende Juden sterben allein in jener Nacht und tausende verloren ihr Hab und Gut. bernhard und Illo, ein jüdisches Paar, was in der Filmbranche tätig ist, muss mit ansehen, wie ihr Traum in Tausend Splitter zerbricht. Trotzdem will Illo nicht aufgeben. Sie will Regisseurin werden und ihr Mann unterstützt sie dabei tatkräftig. Doch letztlich werden ihre verzweifelten Versuche hintenrum Geld zu verdienen, im Keim erstickt.
Sie wählen daher einen letzten Ausweg: Die Flucht nach Shanghai. Dort wollen sie ihren Traum ausleben und von vorne anfangen. Mit Unterstützung aus den eigenen Reihen, schaffen sie es auf eins der Schiffe nach Shanghai. Aber dann kommt plötzlich alles anders. Illo und Bernhard müssen umdenken. Vor allem Bernhard und das wird nicht einfach werden. Und das liegt nicht nur daran, dass Shanghai mit seinen jüdischen Gemeinden eigentlich kein sicherer Hafen ist. Die langen Arme der Nazikrake reichen weit über die deutschen Grenzen hinaus.
Wer in Geschichte aufgepasst hat, weiß, was nun folgen wird. Zwar ist Shanghai eine Zuflucht, die von den Amerikanern auch gefördert wird, dass zumindest ein Überleben möglich ist. Allerdings gilt das nur bis 1941. Bevor Japan in den Krieg eintritt und die Amerikaner in Shanghai unerwünscht werden. Zudem erhöht sich immer mehr der Druck auf die japanische Regierung, die die Juden Deutschland ausliefern sollen. Selbst wenn sie sich dem nicht Beugen, die Bedingungen im Shanghaier Ghetto ähneln immer mehr denen eines Gefangenenlagers. Es ist ein Drahtseilakt von dem zahlreiche Menschenleben abhängen. Doch Bernhard ist ein Kämpfer und nutzt jede Lücke aus.
Eckdaten (Anzeige)
112 Seiten (dt.)
Juni 2020 veröffentlicht bei Splitter Verlag*
Einzelband, Splitter Double
in Farbe
von Philippe Thirault (Writer) + Jorge Miguel (Artist)
die Comics “Grass*” + “They called us enemy*” beschäftigen sich ebenfalls mit dem 2. Weltkrieg
Philippe Thirault und Jorge Miguel haben eine Geschichte erschaffen, was sich mit einer Thematik beschäftigt, die gerne hinten runter fällt, wenn es um Zufluchtsorte der Juden geht. Dabei sollte keine Stelle vergessen werden. Der Hass und die Macht des Nationalsozialismus reichte weit in die Welt hinaus. Ihre Drohungen und Ansichten blieben auch in Asien nicht unerkannt und so manch einer freundete sich mit den makaberen Spielchen an. Was sie Sicherheit in den jüdische Zufluchtsorten extrem schmälerte. Hier wird noch der Aspekt der Filmbranche mit eingebaut. Ebenfalls ein wichtiges Thema.
Mit Liebe zum Detail, Feinfühligkeit in den richtigen Momenten und der harten, bitteren Realität, haben die beiden ein unterhaltsames Werk erschaffen, was einige Emotionen während des Lesens hervorruft. Manche Szenen wirkten etwas zu zufällig und im genau richtigen Moment vorhanden. Das zerstört ein wenig den sonst so guten Lesefluss, aber ansonsten finde ich “Shanghai Dream” absolut lesenswert. Zumal es in einem Band abgeschlossen ist und man nicht auf Folgebände warten “muss”. Ein Stück Geschichte in einem Comic zu Papier gebracht, die niemals vergessen werden sollte!
Der Zeichenstil selbst folgt einer klaren Linie. Es gibt keine künstlerischen Überraschungen. Die Charaktere ähneln realistischen Menschen, die Umgebung, in Form von Gebäuden und Städten ist klar, detailreich und zeitgleich recht schnörkellos. Man konzentriert sich auf das Wesentliche und baut kleine markante Details ein. Die Panels sind dabei komplett in Farbe gehalten, bis auf wenige Ausnahmen. Diese Szenen sind grau hinterlegt und stellen Gedankengänge, gemischt mit Erinnerungen nach. Was ihnen einen fast schwermütigen Touch gibt, der nicht immer gewollt ist. Mehr Details zu diesen Momenten würden leicht spoilern, daher drücke ich mich etwas schwammig aus und den “Aha-Moment” sollte jeder selbst erleben.
“Shanghai Dream” ist ein Kampf gegen das Vergessen. Ein Spiegel auf die bittere Realität des Zweiten Weltkrieges, dem Ländergrenzen vollkommen egal waren. Lesenswert!
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