“Es war ein warmer Tag im Mai.” (S.17)
Sanela Beara und ihr Kollege Sven Rösner gehen dem Alltag eines Streifenpolizisten nach. Was an diesem Tag nicht anderes heißt, als die Augen offen zu halten und Knöllchen zu verteilen. Einen Arbeitsalltag, der Sanela nur zu wider ist. Lieber würde sie endlich aufsteigen und die “wahren Verbrechen” bekämpfen können. Die passenden Formulare hatte sie dafür schon eingereicht. Während sie sich nun mit einem Falschparker am diskutieren ist, bemerkt sie dass ihr Kollege mit der Zentrale spricht. Der Tag scheint doch noch eine gute Wendung zu nehmen und kurz darauf befinden sich die beiden schon im Berliner Tierpark.
Die Wildschweine haben ein neues leckeres Spielzeug gefunden. Nur leider ist dies keines, was für sie vorgedacht ist. Schließlich stehen menschliche Leichenteile für gewöhnlich nicht auf ihrem Speiseplan.
Kaum werden die ersten Puzzlestücke zusammen gesetzt, präsentiert die Polizei der Öffentlichkeit stolz seine Täterin. Es ist die Tierpflegerin Charlie Rubin. Alle Indizien deuten auf sie ihn und außerdem gibt Frau Rubin zu, dass sie die Täterin ist. Wieso also weitersuchen?
Weil es viele offene Fragen gibt, die darauf hin deuten, dass es eindeutig nicht Charlie Rubin gewesen sein kann! Doch entweder will man den Fall schnell zu den Akten legen oder man hat schlichtweg schlampig gearbeitet. Somit begibt sich die Streifenpolizistin Sanela selbst auf die Suche und tritt damit nicht nur ihren Vorgesetzten auf die Füße, sondern auch dem richtigen Mörder.
Auf den kommenden Seiten kommt man nicht nur Sanela Beara näher (Gedankliche Versprecher sind hier vorprogrammiert und zum Glück ist die Autorin sich dessen sehr bewusst, wie man an einigen Stellen deutlich merkt.), sondern auch dem jungen Psychologen Jeremy Saaler und einer fremden Stimme, die vorerst namenlos bleibt. Die zwei jungen Leute wechseln sich mit ihren Passagen regelmäßig ab und teilen stetig dem Leser ihre Fortschritte bei den eigenen Ermittlungen mit. Während Jeremy der angeblichen Mörderin in Gesprächen recht nahe kommt, die ihrem gerichtlichen Gutachten dienen sollen und ihr Details entlockt, die einen ins Grübeln bringen, sind es bei Sanela eher die handfesten Dinge, die sie voran bringen. Kaum hat sie zum Beispiel den Heimatort der Frau erfahren, begibt sie sich eigenmächtig dorthin. Stress mit der Dienststelle ist hier quasi vorprogrammiert.
Die Figuren sind sehr gut ausgebaut. Beide sind jung. Beide stehen am Anfang der Karriereleiter. Der eine muss seine Berufung noch finden, die andere hat sie bereits gefunden und muss nur die nächste Stufe erklimmen um ihrem Ziel näher zu kommen. Entsprechend haben Jeremy und Sanela ihren Stärken und Schwächen. Sie machen Fehler, bekommen einen auf den Deckel, rappeln sich wieder auf und tapsen ins nächste Fettnäpfchen. Dennoch gewinnen beide auf diese Art und Weise eine Menge Selbstvertrauen und bringen den ein oder anderen noch zum staunen. Man muss auch dazu sagen, dass die beiden sich im Buch so gut wie nie sehen und trotzdem haben sie ein gemeinsames Ziel: Den wahren Mörder finden.
Was mir an dem Buch recht gut gefallen hat, sind die Beschreibungen und Umschreibungen von Orten und Personen.
So fühlte man sich immer direkt an den Ort versetzt, wie die Handlung gerade stattfand. Sei es auf dem kühlen See in Berlin, dem müffelnden natürlich riechenden Bauernhof, dem heruntergekommenem Dorf, was an die ehemalige DDR erinnert oder der drückenden Stimmung im kleinen Büro des Chefs. Das wertet die Spannung und das Feeling für die jeweilige Situation natürlich extrem auf. Der Spannungsbogen selbst ist so immer vorhanden und man ist neugierig wie alles enden wird. Ab und an bastelt man sich deine Vermutungen zusammen, aber richtig zufrieden ist man damit nie. Bis Sanela in das Dorf der Mörder kommt. Von diesem Moment an, wachsen neue Ideen heran und warten nur darauf bestätigt zu werden.
Elisabeth Herrmann arbeitet hier vor allem mit Szenenwechseln. Wenn etwas glaubwürdig Entscheidendes passiert, ändert sich der Ort und man wird mit seinen zappelnden Gedanken ein paar Seiten alleine gelassen. Bevor es dann, mit neu gewonnenem Wissen, weiter geht.
Das Finale selbst ist dann auch recht gut gelungen, wenn auch mir selbst die Täterfigur letztlich mit ihrem Gründen und Gedanken für die Tat, etwas blass erschien. Besonders im Vergleich zu den beiden jungen Ermittlern. Näher ins Detail gehen kann ich an dieser Stelle leider nicht, sonst würde ich das Ende schon verraten.
Ich fühlte mich mit “Das Dorf der Mörder” bestens unterhalten. Trotz dem Klischee: Brutaler Täter, unerfahrener Ermittler, einsames Dorf, dunkle Vergangenheit, viele wirre Verbindungen und spannendes Finale, schafft es die Autorin dies alles so gut zu verpacken, dass es einem nie langweilig wird. Das Buch lässt dich von Anfang bis Ende wunderbar flüssig lesen und man stolpert über keine seltsamen Fachbegriffe. Die Figuren selbst wirken alle glaubhaft und besonders Jeremy hab ich persönlich ins Herz geschlossen. Das Katz-Maus-Spiel zwischen Sanela und ihrem Vorgesetzten dagegen fand ich nicht immer so prall. Natürlich musste hier so etwas her, damit die sture Polizistin etwas im Alleingang unternimmt. Dennoch wusste man stets, dass viele berufliche Drohungen nur heiße Luft waren. Hier hätte ich mir eine harte Hand gewünscht, die etwas konsequenter ist.
Alles in allem freue ich mich auf die Fortsetzungen. Viele Fragen sind offen geblieben und die Antworten darauf ist uns Frau Herrmann eindeutig schuldig! Der nächste Band erscheint im Januar 2015 und trägt den Titel “Der Schneegänger”.
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Genre: Krimi, Thriller / VÖ: August 2014 / Verlag: Goldmann* / Serie: Serienauftakt
So viel zum Thema "neue Reihe vorstellen", was?! ;)
Szenenwechsel, bzw. wenn sich Figuren dann mit ihren Passagen abwechseln, finde ich immer sehr ansprechend und auch sonst klingt es doch recht vielversprechend! Ich habe kürzlich erst "Zeugin der Toten" von Elisabeth Herrmann erstanden, wenn mir der Schreibstil zusagt, würde ich glatt mit dem hier weitermachen wollen. ^^
Also der Schreibstil hat mir sehr zugesagt!
Ich werde auf jeden Fall am Ball bleiben und mehr von der Autorin lesen!
*den Satz mit den Reihen ignorier*
:P
Nun fühle ich mich in meinem Kaufwunsch doch noch mehr bestätigt! Hab von ihr zwar noch Schattengrund auf dem SuB liegen, allerdings reizen mich "Jugendthriller" einfach nicht!
Find das Buch ganz gut als Einstieg zu der Autorin!
Kann man testen ob man mit ihrem Stil zurecht kommt :)