|Film| “Mein Filmtagebuch zur Nippon Connection”

Ein Japanisches Filmfestival geht digital an den Start.


In diesem aktiven Beitrag zum Filmfestival “Nippon Connection 2020”, werde ich alle 11 Filme/Dokumentationen, die ich in den nächsten Tagen schauen werde, kurz kommentieren. Alle Hintergrundinfos packe ich in den jeweiligen Link zur Homepage des Festivals. Dort kann man sich auch die Trailer anschauen.

 

(1) An Ant Strikes Back  von Tokachi Tsuchiya *klick*

Schon mal von Hikikomori gehört? Oder Karoshi? Der Auslöser für diese Dokumentation über die extreme Ausbeutung von Mitarbeitern, war der Tod eines Freundes von Tokachi Tsuchiya, durch eben so einen Arbeitgeber. Unbezahlte Überstunden stehen an der Tagesordnung. Mehrarbeit, um seinen Job zu behalten, um angesehen zu werden, einen Lebensstandart erhalten zu können. Dass man dabei an Erschöpfung sterben kann – Karoshi, der Tod durch einen Herzinfakt oder ähnliches – ist erst einmal zweitrangig. Es sei denn, man bekommt Unterstützung. Doch selbst dann, hat man es nicht überstanden. Ganz im Gegenteil.

Eine gute Doku über die Ausbeutung von Mitarbeitern am Beispiel einer großen Firma und deren Reaktion auf Widerstand. Mir waren ja gewisse Arbeitsbedingungen und die harte Arbeitsmoral bekannt, aber dass die Firmen so abgehen in Japan…

an ant strikes back

(2) 100 Yen Love von Masaharu Take *klick*

Gibt es Filme über Boxerinnen? Also ich habe eben zum ersten Mal einen gesehen. Dabei ist das nicht mal eine Sportart, die mich sonderlich interessiert. Masaharu Take hat es trotzdem geschafft mit ihrem ruhigen und schlichten Stil in den Bann zu ziehen. Eine kleine Steh-Auf-Geschichte, die ganz ohne Kitsch und Übertreibungen daherkommt. Vor allem der Umgang mit dem Sound hat mir gefallen. Da wird keine schwere oder tragende Musik eingesetzt. Man hört, wie das Essen geschlürft wird, die Schuhe über das Linoleum quietschen, die Nase hochgezogen wird oder Haut auf Haut klatscht.

Interessante, kunterbunte Charaktere, die irgendwie alle einen dezenten Hau weg haben und gleichzeitig extrem liebenswert verschroben sind. Mir hat der Film um Ichiko gefallen.

100 yen love

 

(3) Little Miss Period von Shunsuke Shinada *klick*

Ein Film über die Periode in Form eines Plüschwesens? Zugegeben, ich war anfangs skeptisch und hatte so gar keine Erwartungen an den Film. Den Trailer habe ich nicht vorab geschaut, aber die Inhaltsangabe hat es geschafft, mich neugierig genug zu machen. Was soll ich sagen: Schaut diesen Film! Anfangs geht es eher in die humorvolle Richtung, dann kommt die Ernsthaftigkeit hinzu. Egal ob man seine Tage bekommt oder nicht. Egal ob man sie liebt oder hasst, den Film greift fast jede Rubrik auf und man fühlt sich vollkommen verstanden.

Eine kleine positive Überraschung, die ein wichtiges Thema aufgreift, was man niemals unter den Tisch kehren sollte.

little miss period

(4) Under Your Bed von Mari Asato *klick*

Filme über Stalking gibt es einige. Auch Serien sind dazu z.B. auf netflix vertreten. Man kennt das typische Bild, was dort aufgebaut wird. Was ist, wenn der Stalker seinem “Job” nachgeht und dabei Dinge entdeckt, die im Verborgen geblieben wären, hätte er sie nicht gesehen? Dinge, die in keinen Haushalt gehören. Dinge, die blaue Flecken und geschwollene Augen verursachen. In dem Moment fragt man sich: Steh ich auf der Seite des Stalkers? Finde ich es gut, dass er so neugierig war? Welche Partei ergreife ich?

Ein interessantes Setting, dass mit seiner ruhigen und gleichzeitigen brutalen Art, komplett in den Bann zieht.

under your bed

(5) Minori, on the Brink von Ryutaru Ninomiya *klick*

Minoro ist eine Frau, die gegen den Strom der japanischen Gesellschaft schwimmt. Genau DAS spürt man deutlich in dem Film. Sie sticht aus der Masse heraus und hinterfragt alles, anstatt es mit einem lächeln hinzunehmen. Was für uns “normal” klingt, ist in Japan nicht so. Ganz im Gegenteil. Lächeln, Bitteschön, Dankeschön und Fragen elegant aus dem Weg gehen. In der Hinsicht hat mich der Film voll überzeugt. Was ich nicht verstanden habe, ist dei Rolle der Männer in dem Film. Es ergab sich für mich kaum bis kein Zusammenhang zu Minori. Man lernt deren Denkweise kennen, aber diese Szenen wirken irgenwie, wie nachträglich eingefügt. Schade um die Message hinter dem Werk.

Ein Film, der heraussticht, der anders sein will, auf eine gute Art & Weise und für mich leider auch ein paar kratzige Eckpunkte hatte.

minori on the brink

 

(6) Mrs. Noisy von Chihiro Amano *klick*

Da will man kreativ sein, macht es sich in seinem Lieblingsstuhl bequem, öffnet das Schreibprogramm auf dem Rechner, ist voller Tatendrang und dann … fängt deine Nachbarin lautstark an, ihren Futton auszuklopfen. Regelmäßig. Morgens. Nachts. Mittags. Ich würd wohl etwas sagen. Maki macht das auch. Dabei setzt sie eine Kettenreaktion in Gang, die man so definitiv nicht erwartet hat. Der Film geht tief. Er zeigt was das unausgesprochene Wort bewirken kann.

Eine weitere positive Überraschung des Filmfestes. Ein Film der einen zum schmunzeln und weinen zugleich bringt. Und er ist durchaus auf die Realität übertragbar.

mrs noisy

(7) My sweet Grappa Remedies von Akiko Oku *klick*

Zugegeben, anfangs wollte ich den Film nicht schauen. Dann hat mich der Tagebuchstil doch neugierig gemacht und der Film ist in der engeren Auswahl gelandet. Zum Glück. Mit ruhigem Ton erzählt Akiki Oku die Geschichte einer alleinstehenden Frau in den “besten Jahren”. Sie ist zufrieden mit dem was sie hat und dennoch … da schleicht sich plötzlich jemand in ihr Leben. Kann das was werden? Immerhin wird sie seit neustem von ihrer jüngeren Kollegin respektvoll mit Sensei angesprochen. “Altersstempel done” – Next Level.

Ein Einblick in das Leben einer Frau. Ihr Alltag. Die Vorurteile. Das Neue und die Selbstbestimmung. Ein lohnenswerter Film.

my sweet grappa remedies

(8) Dancing Mary von Sabu *klick*

Es soll eigentlich nur ein altes Gebäude abgerissen werden. Allerdings verbirgt sich dort ein Geist, der für Unruhe sorgt und der muss weg. Nichts leichter als das! Pustekuchen… Eine kleine Reise beginnt. Zwei junge Erwachsene machen sich auf die Suche nach der Lösung des Problems und lernen sich dabei selbst besser kennen. Filme von Sabu habe ich letztes Jahr für mich entdeckt. Ich mag seinen zarten und zugleich barschen Stil. Er unterhält einen und lässt dabei stetig seine Charaktere sich entwickeln.

Der bunte Genre-Mix hat genau meinen Nerv getroffen. Unterhaltung, auf die man sich einlassen sollte.

dancing mary

 

(9) The Whispering Star von Sion Sono *klick*

Ich kenne Sion Sono schon seit geraumer Zeit. Ein Titel wie dieser, ist mir bisher nicht bei ihm untergekommen. Mit ruhiger Erzählweise nimmt einen mit in eine triste Landschaft. Ödnis, ohne Leben. 80% der Bevölkerung sind Androiden, nur 20% echte Menschen. Verstreut bis ins Weltall. Trotz der verbrannten Erde (es wird auf Fukushima angespielt), bestehen die Menschen auf eine alte Leidenschaft: Dinge bestellen. Und so liefert ein Anroid regelmäßig Pakete mit Erinnerungsstücken aus.

Der ruhige Ton passt nicht auf die abendliche Couch, wenn man müde ist. Man könnte dazu neigen, einzuschlafen. Das ist mir zum Glück nicht passiert. *hüstel* Ein ungewohnter Sion Sono, der sicher nicht in jeder Stimmungslage den gleichen Effekt auf den Zuschauer haben wird.

the whispering star

(10) The Journalist von Michihito Fujii *klick*

Sei nett, sei höflich, stell keine aufdringlichen Fragen und passe dich dem System an. Es gibt eine Journalistin, die sich nicht daran hält. Sie schwimmt gegen den Strom, eckt an und veröffentlicht lieber keinen Artikel, als einen mit falschen Informationen. Ein Film, der sich absolut nicht hinter großen amerikanischen Produktionen verstecken braucht. Stimmungsvoll und spannend erzählt. Alles basiert zudem auf einen wahren Geschichte. Dazu gibt es eine Doku namens “I-documentary of the Journalist

Ein sehenswerter Film, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

the journalist

(11) Miss Hokusai von Keiichi Hara *klick*

Als kleine Ergänzung habe ich noch einen kleinen rewatch gemacht. Habe den Film also nicht im stream geschaut, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Anime durchaus sehenswert ist und nicht nur Kunstliebhaber sollten einen Blick hineinwerfen. Sondern auch die, die eine starke Frau im alten Japan erleben möchten.

(12) A Stranger in Shanghai  von Taku Kato *klick*

>> now watching

 


geplante Filme*:

Dancing Mary (Sabu)
100 Yen Love (Masaharu Take)
Little Miss Period (Shunsuke Shinada)
My sweet Grappa Remedies (Akiko Oku)
The Journalist (Michihito Fujii)
Under Your Bed (Mari Asato)
An Ant Strikes Back (Tokachi Tsuchiya)
The Whispering Star (Sion Sono)
Minori, on the Brink (Ryutaru Ninomiya)
Mrs. Noisy (Chihiro Amano)
A Stranger in Shanghai (Taku Kato) free

nippon connection

Ein Kommentar

  1. […] The Journalist (Michito Fujii, Japan 2019) – im Rahmen der Nippon Connection 2020 Im Juni fand die Nippon Connection online statt – das war wohl in meinem Blog schwer zu übersehen bei all den Filmbesprechungen. 🙂 Ebenso viel Spaß hat es gemacht zu schauen wie die anderen Blogger*innen und Podcaster*innen die Filme aus Fernost wahrgenommen haben – wie beispielsweise bei Michael Schleeh, bei den Kollegen von SchöNERDenken oder auch Christin auf Life4Books. […]

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